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Anton von Werner (1843 – 1915)

Im Etappenquartier vor Paris, 1894

Begleiter deutscher Truppen

Der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 liegt schon fast 25 Jahre zurück, als Anton von Werner dieses Bild malt. Er schildert darin idealisierend eine Episode, die er als Begleiter der Truppen nach eigenen Angaben so erlebt und skizziert hat. Die deutschen Soldaten haben sich im beschlagnahmten Schlösschen Brunoy kurz vor Paris einquartiert. Ein Kaminfeuer wird entzündet, und zwei Ulanen tragen das Schubert-Lied „Am Meer“ vor, nach einem Gedicht von Heinrich Heine.

Anton von Werner (1843 – 1915)

Im Etappenquartier vor Paris, 1894

Der Künstler über das Bild

Anton von Werner beschreibt die Szene so: „Das Lied …war damals bei allen Militärmusik-Kapellen sehr beliebt… Die zur Bewachung des Schlösschens zurückgebliebene Concierge… kam mit ihrem Töchterchen, um den Gesang zu hören.“ Der Maler widmet sich keinem bedeutenden Ereignis, sondern einem historischen Genrestück, das durch das Motiv des Musizierens Leichtigkeit ausstrahlt.

Anton von Werner (1843 – 1915)

Im Etappenquartier vor Paris, 1894

Intaktes Interieur

Werner skizziert das harmlose Geschehen am 24. Oktober 1870. „Das Innere des Hauses, Mobiliar usw. war damals im Oktober, kurze Zeit nach der Belagerung von Paris, noch völlig intakt, auch die oft genannten Pendules auf dem Kamin und andere Nippes fehlten nicht“, schreibt der Künstler. „Oft genannt“ meint: in späteren Berichten über die Plünderungen und Diebstähle deutscher Truppen. Auch von den Schrecken der viermonatigen Belagerung von Paris lässt das gemütliche Treiben der Militärs in der beschlagnahmten Villa nichts vermuten.

Anton von Werner (1843 – 1915)

Im Etappenquartier vor Paris, 1894

Gefühlvoller Detailrealismus

Die Soldaten haben es sich im Salon gemütlich gemacht und lauschen nachdenklich der Musik. Mit ihren schlammverdreckten Stiefeln passen sie so gar nicht in das kostbare Rokoko-Interieur. Jeden einzelnen Gegenstand hat der Maler im Detail dargestellt, bis hin zu den lückenhaft benagelten Stiefelsohlen.

Anton von Werner (1843 – 1915)

Im Etappenquartier vor Paris, 1894

Beliebt beim Publikum

Diese das Kriegsgeschehen verharmlosende und auf einen Gegensatz zwischen französischer Lebensart und deutschem Gemüt zielende Darstellung trifft damals genau den Geschmack des Publikums und findet in Reproduktionen große Verbreitung, selbst als gewebtes Bild. Nach Beginn des Ersten Weltkriegs wird das Motiv sogar als Postkarte herausgebracht.

Anton von Werner (1843 – 1915)

Im Etappenquartier vor Paris, 1894

Stern am wilhelminischen Kunsthimmel

Anton von Werner ist einer der etabliertesten Künstler im wilhelminischen Kaiserreich. Sein Aufstieg beginnt bezeichnenderweise damit, dass er 1871 die Proklamation des deutschen Kaisers in Versailles festhält. Er wird schließlich Präsident der Akademie der Künste und des Vereins Berliner Künstler. Seine Ausstellungspolitik, die avantgardistische Kunst zum Teil ablehnt, führte jedoch zu wachsenden Spannungen und 1898 schließlich zur Gründung der Berliner Secession.