Öl auf Papier auf Holz
35 x 47 cm
Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie/Schenkung Fred Licht an die Freunde der
Nationalgalerie
© Foto: Alte Nationalgalerie / Andres Kilger
Die Taufe der Lydia, 1861
Eine alttestamentarische Geschichte
Als eines ihrer späten Werke entsteht 1861 „Die Taufe der Lydia“. Dargestellt ist eine Szene aus dem Alten Testament: Lydia, eine griechische Purpurhändlerin aus Philippi, lässt sich mit ihrer Familie von Apostel Paulus und dessen Begleiter Silas taufen. Der Legende nach ist sie die erste Christin in Europa.
Die Taufe der Lydia, 1861
Zartheit und Anmut
Im Hintergrund ist der Blick in eine bergige, altmeisterlich aufgefasste Landschaft gegeben. Die Szene ist mit jener Zartheit und Anmut ausgeführt, für die Marie Ellenrieder zu Lebzeiten gefeiert wird.
Die Taufe der Lydia, 1861
Farbige Kostbarkeiten
Die Gewänder der Figuren erstrahlen in verschiedenen kostbar leuchtenden Rot-, Rosé- und Violetttönen und klingen wunderbar mit Gold, Braun und Grün zusammen. Ellenrieder spielt damit auf die Tätigkeit der Lydia als Purpurhändlerin an.
Die Taufe der Lydia, 1861
Vorbild für Künstlerinnen
Bereits 1813, mit 22 Jahren, gelingt es Marie Ellenrieder, sich als reguläre Studentin an der Münchner Kunstakademie zu immatrikulieren, um sich dort der altdeutschen Malerei zu widmen. Ihre Aufnahme wird so zum Präzedenzfall einer frühen Phase des Frauenkunststudiums und Marie Ellenrieder zum Vorbild vieler Künstlerinnen. Ignaz Heinrich Freiherr von Wessenberg hatte sich für ihre Aufnahme engagiert. Er fördert die junge Miniaturmalerin, deren Großvater bereits Kirchenmaler war. Dem »Präzedenzfall Ellenrieder« folgend, nimmt die Münchner Akademie bis 1841 fast 50 Kunstschülerinnen auf.
Die Taufe der Lydia, 1861
Studium in Italien
Während ihres zweijährigen Romaufenthaltes ab 1822 studiert sie vertiefend Meister der italienischen Renaissance wie Fra Angelico, Perugino, Raffael und schließt sich als eine der wenigen Frauen den Nazarenern an. Zunächst wird Marie Ellenrieder als Porträtistin bekannt, später vor allem als Malerin religiöser Szenen, die sich durch klare Zeichnung und emailhafte Lokalfarben auszeichnen.
Die Taufe der Lydia, 1861
Ausnahmetalent
Ein Großteil der Künstlerinnen des frühen 19. Jahrhunderts wächst in Künstlerfamilien auf, wird dort ausgebildet und arbeitet, ohne selbständig in Erscheinung zu treten. Ellenrieder gelingt es, als Badische Hofmalerin eigenständig ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Diese wenigen Ausnahmen, zu denen Marie Ellenrieder als erfolgreiche Künstlerin zählt, bestärken eine unausgesprochene Regel männlicher Dominanz in der Kunst. So wird gute, von Künstlerinnen geschaffene Kunst als „männliche“ Kunst bezeichnet, oder eine erfolgreiche Künstlerin wird „als so gut wie ein Mann arbeitend“ beschrieben.