Altn Moritzvonschwind Rose Ausschnitt Minimum

Moritz von Schwind (1804 – 1871)

Die Rose oder Die Künstlerwanderung, 1846/47

Märchenhafte Szenerie

Wie eine Märchenerzählung mutet dieses Bild von Moritz von Schwind an: „Die Rose oder Die Künstlerwanderung“. Musikanten ziehen den Weg hinauf zu einer Burg, die festlich für eine Hochzeit geschmückt ist. Die schöne Braut erwartet mit ihren Brautjungfern auf einem Turm die Ankunft des Bräutigams. Er nähert sich von ferne hoch zu Ross mit seinem Gefolge. Das Bild ist ein Traum von der Ritterzeit und romantischer Landschaft in einem, Ballade und Naturlyrik zugleich.

Moritz von Schwind (1804 – 1871)

Die Rose oder Die Künstlerwanderung, 1846/47

Der Künstler als Außenseiter

Zwei Sphären stoßen aufeinander: die Idealwelt märchenhaften Rittertums und bräutlicher Schönheit und eine groteske, verzerrte, traurige Realität. Die Musikanten sind bucklig, kleinwüchsig und haben dürre Beine, ein anderer hat eine Hakennase in seinem einfältigen Gesicht. Der letzte in der Reihe will gerade mit geziert gespreizter Hand eine Rose aufheben, die einem der Mädchen heruntergefallen ist. Dieser Tagträumer wird im nächsten Augenblick die Rose beglückt und sehnsüchtig an sein Herz pressen. Er verkörpert den Künstler, der als Außenseiter durch die Welt geht.

Moritz von Schwind (1804 – 1871)

Die Rose oder Die Künstlerwanderung, 1846/47

Der letzte Musikant

Als Urbild des letzten Musikers in der Reihe gilt der Maler Theodor Rehbenitz, einst ein hoffnungsvoller junger Künstler, der in Rom studierte und jetzt im abgelegenen Kiel als Universitätszeichenlehrer darbt. Er gehört in die Reihe der Sonderlinge und Antihelden, die das Biedermeier geschaffen hat. Im Entstehungsjahr des Werkes „Die Rose“ erscheint 1847 auch Grillparzers Novelle „Der arme Spielmann“ über einen Geiger, dessen Träume von Kunst und Liebe kläglich scheitern und der als Straßenmusiker nur noch einem einzigen, immer wieder gespielten Ton nachhängt.

Moritz von Schwind (1804 – 1871)

Die Rose oder Die Künstlerwanderung, 1846/47

Shakespeares Gestalten

Die verschrobenen Gestalten im Vordergrund erinnern an Shakespeare‘sche Rüpel, und wie in seinem „Sommernachtstraum“ ist das Geschehen auch hier in Waldpoesie gehüllt. Wie dort die Elfen, so erwartet man hier, dass hinter jedem Busch Gnomen hervorspringen könnten.

Moritz von Schwind (1804 – 1871)

Die Rose oder Die Künstlerwanderung, 1846/47

Motiv des Scheiterns

Moritz von Schwind schreibt über seinen Musiker: „Der Held ist der letzte der Musikanten, ein Mann von hohen Ideen, bedeutender Phantasie, aber nicht weiter in der Welt vorgerückt, als in der Gesellschaft gemeinen, eitlen Gesindels zur Ergötzung, vielleicht zum Spott der vornehmen Welt sein Stücklein zu blasen – ein verdorbenes Genie mit einem Wort“.

Moritz von Schwind (1804 – 1871)

Die Rose oder Die Künstlerwanderung, 1846/47

Karikaturen

Das Bild wird zuerst im Münchner Kunstverein, dann in Leipzig gezeigt, wo das neugegründete Museum Interesse an einem Ankauf zeigt, dann jedoch wegen der allzu karikaturenhaften Musiker-Figuren davon zurücktritt. Nachdem mehrere andere Ankaufsverhandlungen im Sande verlaufen sind, geht das Werk in private Hände: Der Spinnereibesitzer Schwartz aus Erlangen erwirbt es.

Moritz von Schwind (1804 – 1871)

Die Rose oder Die Künstlerwanderung, 1846/47

Bildsprache der Romantik

In diesem Bild klingen mehrere Themen an, die für die Kunst der Romantik eine große Rolle spielten: das Wandern, das Volkslied, die gotische Burgenromantik, das Rittertum, der deutsche Wald und, vor allem, die Sehnsucht.

Moritz von Schwind (1804 – 1871)

Die Rose oder Die Künstlerwanderung, 1846/47

Die Wanderschaft

Das Wandern zieht sich übrigens auch durch Schwinds eigenes Leben. Nach seiner Frühzeit in Wien geht er nach München. Dann bereist er Italien, und es folgen Aufträge in Baden und Sachsen, in Karlsruhe und in Frankfurt am Main. Dort beginnt er mit dem Gemälde „Die Rose“, das er dann 1847 in München vollendet, wo er schließlich als Akademieprofessor bis zu seinem Lebensende bleibt. So markiert dieses Bild gewissermaßen das Ende von Schwinds eigener Künstlerwanderung.