Ham Eduard Manet Nana Minimum

Edouard Manet (1832 – 1883)

Nana, 1877

Eine Kokotte

Die sogenannten „Kokotten“, die Prostituierten, sind in der französischen Gesellschaft des ausgehenden 19. Jahrhunderts allgegenwärtig. Zugleich geben sie häufig Stoff für Literatur und bildende Künste. Der Schriftsteller Marcel Proust ist damals einer der besten Freunde Manets und Autor des Werkes „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“. Darin beschreibt er die Liebegeschichte zwischen einem hochgestellten Gentleman und einer Kokotten. Diese Frauen bekommen damals oft finanzielle Unterstützung von ihren Kunden. Nicht selten fangen sie lange Beziehungen mit diesen an. Der Titel „Nana“ bezieht sich wahrscheinlich auf Émile Zolas gleichnamigen Roman. Er erscheint zwar erst 1879, wird aber schon vorab in Wochenzeitschriften als Fortsetzungsroman abgedruckt.

Edouard Manet (1832 – 1883)

Nana, 1877

Ein Freier

Wer ist der Mann, der vom rechten Bildrand derart radikal überschnitten, gleichsam geteilt und damit zur Randfigur degradiert wird? Wir wissen nichts über seine Identität. Aber es handelt sich zweifellos um einen gutsituierten Kunden in Frack und Zylinder, der auf einem Sofa wartend Platz genommen hat. Wegen des Spazierstocks in seiner rechten Hand, erinnert er an den damals besonders in Paris populären Typus des Flaneurs.

Edouard Manet (1832 – 1883)

Nana, 1877

Der Blick

Nana schaut uns direkt an. Wir können diesem Blick nicht ausweichen. Er trifft uns unmittelbar. Ein Flirt mit dem Betrachter. Die Kokotte blickt dabei über die Schulter und bietet uns ihr Hinterteil – ein deutlicher Hinweis auf ihre Absichten. Manet inszeniert subtile Blickbeziehungen und lässt dadurch das Spiel mit dem Voyeurismus deutlich hervortreten.

Edouard Manet (1832 – 1883)

Nana, 1877

Die Einrichtung im Stil des „Second Empire“

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts setzt sich in Frankreich, während der Herrschaft Kaiser Napoleons III., das sogenannte „Second Empire“ als Modestil durch. Das bedeutet so viel wie „Zweites Kaiserreich“ und ist durch eine eklektische, üppig anmutende Mischung unterschiedlicher historischer Stile gekennzeichnet. Dieser Stil beeinflusst damals gleichermaßen die Architektur, den Städtebau und auch die Inneneinrichtung. In Manets Gemälde entsprechen Nanas Kleidung, Sofa und Kommode deutlich diesem Zeitgeist.

Edouard Manet (1832 – 1883)

Nana, 1877

Der Kranich

Im Hintergrund der Darstellung ist eine japanische Seidentapete abgebildet - als Ausstattungselement im damaligen Frankreich äußerst populär. Ein Kranich ziert die rechte obere Ecke der Tapete. Dieses dekorativ anmutende Motiv hat einen Hintersinn. Das französische Wort für Kranich, grue, ist im damaligen Frankreich als Bezeichnung für Prostituierte geläufig.

Edouard Manet (1832 – 1883)

Nana, 1877

Skandalbild

Im Gemälde erscheint die „Nana“ in ausgewählter Kleidung, die der damaligen Mode entspricht - Satinkorsett, Unterrock, bestickte Strümpfe und hochhackige Schuhe. Modell für „Nana“ steht 1877 die Schauspielerin Henriette Hauser, der man auch Prostitution nachsagt. Das Gemälde wird vom offiziellen Salon wegen seines offen vorgetragenen, anstößigen Inhalts abgelehnt. Doch Manet lässt sich davon nicht entmutigen. So stellt er das Bild im Schaufenster eines Ladens aus und erreicht auf diese Weise die Öffentlichkeit.