Öl auf Leinwand
150,4 x 100 cm
© Hamburger Kunsthalle / Foto: Elke Walford
Maler und Modell, 1910/1926
Im Farbenrausch
Kirchner schildert die Szene in komplementären, kontrastierenden Farben: den Künstler in Orange-Blau, das Modell in Blau-Gelb, das Interieur in Rot-Grün. Die Farben scheinen zu tanzen. Bei seinem Umzug von Berlin nach Davos 1919 wird das Bild, wie viele andere seiner Gemälde, beim Transport beschädigt und von Kirchner in neuer Malweise 1926 überarbeitet. Während sich am Körper des Modells noch der lockere, freie Pinselstrich zeigt, tritt am Mantel des Malers nun die Kraft einer geschlossenen Form zutage.
Maler und Modell, 1910/1926
Der Künstler als Freigeist
Kirchner gewährt in einem intimen Moment Einblick in sein Dresdener Atelier, das er als Lebens- und Arbeitsraum zugleich nutzt. Diese Ateliersituation ist ein typisches Motiv der 1905 gegründeten Künstlergemeinschaft „Brücke“. Sie bietet dem Maler die Möglichkeit, sich als Freigeist darzustellen - als Bohemien, der die bürgerliche Moral hinter sich lässt, der malt, lebt und liebt, wie ihm der Sinn steht.
Maler und Modell, 1910/1926
Kein Maler ohne Muse
Die Frau im Hintergrund ist Doris Große, genannt Dodo. Sie ist Kirchners damalige Freundin und Muse. In seiner Zeit in Dresden steht sie ihm häufig Modell. Überhaupt ist die weibliche Figur eines der wichtigsten Motive der Brücke-Maler. Dodo richtet ihren Blick auf Kirchner. Ihr Gesicht verrät keine Regung, aber ihre rechte Hand fasst an die Innenseite des linken Schenkels. Ihre Beine sind leicht geöffnet. Mit dieser Haltung bestärkt sie Kirchner in seiner Selbstinszenierung als bewunderungswürdigen Maler und begehrenswerten Mann.
Maler und Modell, 1910/1926
Außereuropäische Kulturen
In seiner Dresdener Zeit besucht Kirchner häufig das dortige Völkerkundemuseum. Er ist fasziniert von den geschnitzten Masken und Figuren der Völker Ozeaniens und Afrikas. Wie die anderen Brücke-Künstler sehnt sich Kirchner nach Ursprünglichkeit, einem Leben in Harmonie mit der Natur. Für die „Brücke“ ist die primitive Formensprache außereuropäischer Kulturen sowohl künstlerisches Vorbild, als auch Sinnbild für Unmittelbarkeit und sexuelle Freiheit. Kirchner lässt sich vor allem bei der Darstellung seines eigenen Gesichtes davon inspirieren.