Öl auf Leinwand
100 x 90 cm
Copyright am Werk: Kunsthalle Bremen – Der Kunstverein in Bremen
Copyright am Foto: Kunsthalle Bremen – Der Kunstverein in Bremen
Foto: Lars
Lohrisch
Das Kind und der Tod, 1899
Die tote Mutter
Die tote Mutter ist in blassem Blaugrau im Hintergrund dargestellt. Es ist typisch für Munch, dass er sich vor allem mit der seelischen Verfassung, mit dem Schock der Hinterbliebenen auseinandersetzt. Hauptthema des Bildes ist der Schmerz des Mädchens. Dieser aber äußert sich nicht in Tränen oder lautem Geschrei, sondern in stiller Erstarrung.
Das Kind und der Tod, 1899
Die Stille
Das Gemälde Das Kind und der Tod ist eines der eindringlichsten Zeugnisse von Munch zu dem Themenkomplex Sterben, Tod und Trauer. Es zeigt ein Kind von vier oder fünf Jahren. Mit schreckgeweiteten Augen schaut es den Betrachter an. Der Schatten des Kindes fällt auf das Bett, sodass eine letzte, brüchige Verbindungslinie zwischen Mutter und Kind zu sehen ist.
Das Kind und der Tod, 1899
Der ausbleibende Schrei
Das Mädchen hält sich die Ohren zu, wie die Figur in Munchs berühmtem Gemälde Der Schrei. Das kleine Mädchen in dem Bremer Bild bleibt hingegen stumm: Es hält sich in der Totenstille die Ohren zu. Es verweigert sich mit dieser Geste der schrecklichen Gewissheit, dass die Mutter gestorben ist.
Das Kind und der Tod, 1899
Kreuz im Bild
Die Komposition des Bildes ist auf einfache Elemente reduziert. Vertikale und horizontale Linien bilden das Grundgerüst: Das Totenbett der Mutter und ihr toter Leib bilden eine strenge Waagerechte. Der Körper des Kindes bildet dazu eine klare Senkrechte.
Das Kind und der Tod, 1899
Farbkontrast
Munch unterscheidet auch auf farblicher Ebene zwischen Leben und Tod. Die Farbtöne Grün und Blau beschreiben das Krankenlager. Die lebendigen rötlich-ockerfarbenen Töne finden sich im Kind und dem Boden, auf dem es steht. Weitere Kontraste bilden blondes und schwarzes Haar, ein rundes Gesicht von vorn und ein hartes Profil. Der Gegensatz von Leben und Tod wird darin pointiert deutlich.
Das Kind und der Tod, 1899
Bild unter der Leinwand
2005 wird das Gemälde auf Anfrage des Munch-Museums in Oslo, das ein Werkverzeichnis in Arbeit hatte, näher untersucht. Dabei wird ein aufsehenerregender Fund gemacht: Was bisher als eine Stützleinwand betrachtet worden war, entpuppt sich als ein weiteres Gemälde Munchs unter dem Gemälde. Es wurde aufgedeckt, sodass sich heute zwei Gemälde von Edvard Munch in der Kunsthalle Bremen befinden. Das neu aufgedeckte Werk zeigt am rechten Bildrand ein nacktes, sitzendes Mädchen im Profil. Neben ihr reihen sich drei bedrohlich wirkende, maskenartige Männerköpfe auf. Das Motiv steht im Kontext von Munchs Auseinandersetzung mit dem Thema Pubertät. Heute ist das Gemälde bekannt als Mädchen und drei Männerköpfe.
Das Kind und der Tod, 1899
Munch und der Tod
Edvard Munch ist schon früh mit dem Tod konfrontiert. Als er sechs Jahre alt ist, stirbt seine Mutter an Tuberkulose, einige Jahre später stirbt seine Schwester an derselben Krankheit. Der Tod seines Vaters 1889 stürzt ihn in eine tiefe Krise. Vor diesem Hintergrund ist es nur verständlich, dass Munch sich immer wieder mit dem Tod beschäftigt und sich mit Themen wie Angst und Trauer auseinandersetzt. Im Alter schreibt er über die traumatischen Jahre seiner Kindheit: „Mein Zuhause war ein Zuhause der Krankheit und des Tods. Über das Unheil dort bin ich nie hinweggekommen. Es hat auch meine Kunst geprägt.“