Öl auf Leinwand
64 x 92 cm
Copyright am Werk: Kunsthalle Bremen – Der Kunstverein in Bremen
Copyright am Foto: Kunsthalle Bremen – Der Kunstverein in Bremen
Foto: Lars
Lohrisch
Schlafende Milli (1911) / Verso: Liegender Akt mit Fächer (1909)
Beidseitig spart er Material
Ernst Ludwig Kirchner malt die beiden Darstellungen Liegender Akt mit Fächer und Schlafende Milly auf beide Seiten einer Leinwand. Es ist eine Arbeitstechnik, die Kirchner häufig anwendet – es sind insgesamt 138 doppelseitig gemalte Leinwände des Künstlers bekannt. Vermutlich ist es Geldmangel, der Kirchner dazu bewegt, die Leinwand von beiden Seiten zu bemalen. „Auch ich muss etwas sparen jetzt und das Material ist sehr kostspielig geworden. Aber die Leinwand hat Gott sei Dank 2 Seiten.“ (Ernst Ludwig Kirchner, Brief vom 7. Februar 1919)
Schlafende Milli (1911) / Verso: Liegender Akt mit Fächer (1909)
Kunst der Rückseite
Das auf der Rückseite befindliche Gemälde Liegende Akt mit Fächer zeigt einen entschieden anderen Stil. Die malerischen und abstrakten Qualitäten des Akt-Bildes mit Fächer gehen auf Kirchners Auseinandersetzung mit dem französischen Fauvismus zurück, insbesondere auf das Werk von Henri Matisse. Durch seine Beschäftigung mit Matisse entwickelte Kirchner seinen „weichen“ Stil. Das Modell ist ganz unmittelbar, mit lockeren Pinselstrichen leuchtend erfasst, ohne konkret in den Raum eingebettet zu sein.
Schlafende Milli (1911) / Verso: Liegender Akt mit Fächer (1909)
Inspiriert von der Südsee
Kirchner hat in diesem Gemälde zu seinem „harten“ Stil gefunden. Schlafende Milly ist in dunkleren, kräftigen Farben angelegt. Die eckigen Formen sind mit schwarzen Umrisslinien eindeutig geklärt und wirken durch das Flächenhafte verfestigt. Anregung dazu boten Kirchner die afrikanische und ozeanische Plastik, insbesondere die Palau-Schnitzereien, die er im Dresdener Völkerkundemuseum gesehen hatte.
Schlafende Milli (1911) / Verso: Liegender Akt mit Fächer (1909)
Erotik der Schlafenden
Das Gemälde Schlafende Milly von 1909/11 beschreibt ein exotisch anmutendes Gemach. Das Modell liegt auf einem feurig-roten Tuch, im Hintergrund sind exotische Figuren zu erkennen. Bei Milly handelte es sich um eine Schwarze Artistin, die häufiger Gast in Kirchners Atelier war. Kirchner hatte sie 1909 bei einem Besuch des Zirkus Schumann in Dresden kennengelernt.
Schlafende Milli (1911) / Verso: Liegender Akt mit Fächer (1909)
Befreiter Körper
Ein zentrales Thema der Brücke-Künstler war der menschliche Körper und vor allem der weibliche Akt. Allerdings ging es ihnen nicht um die Darstellung klassischer Idealfiguren, sondern um das erfassen natürlicher Bewegungen. Darüber hinaus galt Nacktheit zugleich als Zeichen der Freiheit von bürgerlichen Moralvorstellungen.
Schlafende Milli (1911) / Verso: Liegender Akt mit Fächer (1909)
Weiße Afrikanerin
Am rechten Bildrand spiegelt eine in hellem Rosa gemalte Gestalt die liegende Figur der „Milly“ und unterstreicht deren dunkle Körperfarbe. Die hellrosa Figur scheint in einer Tanzbewegung eingefangen worden zu sein und erinnert in ihrer kubistischen Formgebung an traditionelle afrikanische Plastik.
Schlafende Milli (1911) / Verso: Liegender Akt mit Fächer (1909)
Inspiration Japan
Der namenlose Frauenakt auf dem Gemälde Liegender Akt mit Fächer (1909) ist in pastos aufgetragenen Farben dargestellt. Die Frau verschmilzt förmlich mit dem Hintergrund, der nur schemenhaft angedeutet ist. In ihrer Hand hält sie einen Fächer mit asiatischen Schriftzeichen, eine Referenz auf den Japonismus.