Tempera auf Pappelholz
96 x 52 cm
Copyright am Werk: Kunsthalle Bremen – Der Kunstverein in Bremen
Copyright am Foto: Kunsthalle Bremen – Der Kunstverein in Bremen
Foto: Lars Lohrisch
Madonna mit Kind, 1423
Für das private Gebet
Diese Tafel ist für das stille Gebet geschaffen. Es zeigt eine Maria in der Demut (Madonna dell’Umiltà). Der Bildtypus wird in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts in Siena entwickelt und erfreut sich schnell großer Beliebtheit als privates Andachtsbild. Im Gegensatz zum traditionellen Kultbild heben weder Krone noch Engel die Rolle Marias als Himmelskönigin hervor. Vielmehr konzentriert sich die Darstellung auf die innige Mutter-Kind-Beziehung.
Madonna mit Kind, 1423
Mutterliebe
Maria sitzt demütig auf einem Kissen am Boden. Ihre Darstellung ist geprägt von inniger Mutterliebe. Die angedeutete Trauer in ihrem Blick weist auf den bevorstehenden Opfertod Christi am Kreuz hin. Die zum Ausdruck gebrachten Gefühle sollen sich auf uns, die im Gebet befindlichen Betrachtenden, übertragen.
Madonna mit Kind, 1423
Das ernste Jesuskind
Der Blick des Jesuskindes ist von prophetischem Ernst und verweist darauf, dass Gott seinen Sohn opfern wird, um die Menschheit zu erlösen. Er schaut den Betrachter direkt an, um ihn einzubeziehen und den Dialog mit Gott zu erleichtern.
Madonna mit Kind, 1423
Dialog mit dem Betrachter
Am unteren Bildrand findet sich eine italienische Innschrift. Sie lautet übersetzt: „Oh, wie viel Barmherzigkeit ist in Gott!“ Derartige Bildunterschriften waren typisch für Andachtsbilder. Sie sollten den Betrachter direkt ansprechen und zum Gebet anregen.
Madonna mit Kind, 1423
Lebensnah
Damals versuchte man, die gemalten Figuren durch emotionalen Ausdruck dem Betrachter nahezubringen. Entsprechende emotionale Motive sind beispielsweise Marias Hand, die das kleine Füßchen des Jesuskindes hält. Aber auch die intime Nähe der beiden Gesichter ist ein bewusst gesetztes Motiv. Dadurch versucht Masolino, die gemalten Figuren lebendig und lebensnah erscheinen zu lassen.
Madonna mit Kind, 1423
Das Antlitz Christi
Das Medaillon, das Masolino in die gotische Rahmenarchitektur einsetzt, zeigt den Gottessohn ein weiteres Mal, hier jedoch nach seiner Kreuzigung und Auferstehung als himmlischen Weltenrichter. Das heilige Antlitz mit Bart und langem Haar ist ein streng symmetrisches Herrscherbild. Diese Form der Darstellung geht auf eine berühmte Ikone zurück: Das heilige Antlitz aus der Kapelle Sancta Sanctorum im Lateran in Rom. Diese Ikone ist wie auch das Abgar- und das Veronika-Bild der Legende nach nicht von Menschenhand gemalt: Gott selbst soll sie vollendet haben.