Öl auf Leinwand
73 x 94 cm
Copyright am Werk: Kunsthalle zu Kiel
Copyright Foto: Kunsthalle zu Kiel
Foto: Martin Frommhagen
Herzog Friedrich Emil August von Schleswig-Holstein-Sonderborg-Augustenburg, gen. Prinz von Noer, 1802
Der kleine Prinz
Die Zuschreibung, Datierung und
Identifizierung des Gemäldes blieben lange ungeklärt. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts befand
sich das Porträt im Besitz der Familie von Noer. Deshalb liegt es nahe, dass der Künstler
Jens Juel 1802, ein Jahr vor seinem Tod, den zweijährigen Herzog Friedrich Emil August,
genannt Prinz von Noer malte. Denn der Bruder des Herzogs war zum Entstehungszeitpunkt des
Gemäldes bereits vier Jahre alt und damit deutlich älter als das hier gezeigte Kind.
Herzog Friedrich Emil August von Schleswig-Holstein-Sonderborg-Augustenburg, gen. Prinz von Noer, 1802
Griff nach der Zukunft
Der Maler Jens Juel studierte an der Kunstakademie Kopenhagen, wo er später lehrte er und Direktor der Akademie war. Er schuf Porträts, die durch ihre kompositorische Eleganz, Farbwahl und detailreiche Materialtreue seine Zeitgenossen begeisterten. Zu seinen Lebzeiten war er einer der bekanntesten Porträtisten Dänemarks: Der Hof, der Adel und das Großbürgertum wollten von ihm gemalt werden. Die gespreizten Finger des Prinzen scheinen nach seiner eigenen Zukunft als Kriegsherr zu greifen. Während der kriegerischen Auseinandersetzungen im Jahr 1864 mit dem dänischen Königreich war er Oberbefehlshaber der schleswig-holsteinischen Truppen.
Herzog Friedrich Emil August von Schleswig-Holstein-Sonderborg-Augustenburg, gen. Prinz von Noer, 1802
Der Prinz als Kriegsherr
Der Prinz stützt sich mit seiner linken Hand auf einem Spielzeugpferd ab. Der Künstler Jens Juel ist bekannt für seine Handgesten, die den Dargestellten nicht nur Lebhaftigkeit verleihen, sondern auch deren Aufgabe oder Bestimmung andeuten. Rechts im Bild liegt über der Trommel eine Reitgerte. Die Gegenstände werden damit zu Insignien der späteren Befehlsmacht des Prinzen über die Kavallerie.
Herzog Friedrich Emil August von Schleswig-Holstein-Sonderborg-Augustenburg, gen. Prinz von Noer, 1802
Das Geschenk des Großvaters
Die Spielzeugtrommel ist neben Blattornamenten mit dem roten Kapitalbuchstaben „C“ in Schreibschrift verziert. Das Monogramm steht für Christian VII., König von Dänemark und Norwegen. Der Großvater mütterlicherseits des dargestellten Jungen ist zur Entstehungszeit des Gemäldes 53 Jahr alt. Gut möglich, dass er dem Enkel die Trommel geschenkt hat.
Herzog Friedrich Emil August von Schleswig-Holstein-Sonderborg-Augustenburg, gen. Prinz von Noer, 1802
Licht und Schatten
Der Porträtist Jens Juel ist für seine dramatischen Lichteffekte bekannt. Von rechts außerhalb des Bildes kommend, erhellen zwei Lichtquellen die Szene. Die detailgetreue, greifende Hand des Kleinkindes zieht den Betrachter räumlich in das Bild hinein. Der Arm wirft seinen Schatten diagonal über das weiße Kleid des Jungens. Der sich abzeichnende Umriss des Kindes auf der holzgetäfelten Wand steigert zusätzlich die Tiefenwirkung des Gemäldes.
Herzog Friedrich Emil August von Schleswig-Holstein-Sonderborg-Augustenburg, gen. Prinz von Noer, 1802
Das dynastische Kind
Bis ins Mittelalter entstanden Kinderbildnisse nur in Form des Christuskindes. Erst seit der frühen Neuzeit erhielten Kinder als Garant für den Fortbestand adliger Familienunternehmen ihren Platz in der Kunstgeschichte. Adlige Familien beauftragten Künstler damit, ihre Kinder zu malen. Dieser kleine Prinz trägt einen Hemdkittel aus feinem weißem Stoff, der wie ein Kleid aussieht. Die Farbe Weiß war zu dieser Zeit den Kindern reicher Eltern vorbehalten. Mädchen wie Jungen trugen damals bodenlange weiße Kleider. Die Objektsprache übermittelte das Geschlecht: Mädchen hielten Vögel, Blumen, Körbe oder Puppen in ihren Händen, während Hunde, Steckenpferde, Trommeln und Säbel Jungen vorbehalten sind.