Öl auf Leinwand
53,5 x 71 cm
Copyright am Werk: Kunsthalle zu Kiel
Copyright Foto: Kunsthalle zu Kiel
Foto: Sönke Ehlert
Der Kopenhagener Hafen im Mondschein, 1831
Rückenfigur als Stilmittel
Am Hafenufer steht eine Figur alleine. Der Rücken ist dem Betrachter zugewandt. Eine solche Figur wird in der Kunstgeschichte als Repoussoir bezeichnet. Sie lädt den Betrachter dazu ein, sich vorzustellen an der Stelle des Gemalten zu stehen und wie er auf das Meer zu blicken. Zusätzlich erhält das Gemälde durch die Rückenfigur eine Steigerung der Tiefenwirkung.
Der Kopenhagener Hafen im Mondschein, 1831
Abendstimmung
Drei Ruderer im Wasser, ein Mann auf dem Steg und die Rückenfigur in der Mitte füllen die ansonsten menschenleere Landschaft. Ein Segelschiff im Vordergrund und eines im Hintergrund haben ihre Segel gesetzt. Diese minimale menschliche Aktivität stört die Ruhe im Bild nicht. Jeder Gegenstand auf diesem Gemälde ist gesetzt und nimmt seinen festen Platz ein. Die Abendstimmung, der Abschied vom Tag und das zur Ruhe kommen wirken in jedem Bildelement gleichermaßen.
Der Kopenhagener Hafen im Mondschein, 1831
Christliche Symbolik
In der Romantik dienen Gemälde als Gleichnisse für das menschliche Schicksal. Das Dargestellte ist ein Rahmen für das Verständnis der inneren Welt. In diesem Bild gerät die Mondstimmung der Hafenlandschaft durch zahlreiche christliche Symbole zum Andachtsbild. Der kreuzförmige Anker nimmt ein wesentliches Symbol des Christentums auf und steht für Hoffnung, Heil und Sicherheit. Auch die Takelagen der Segelschiffe formt mit ihren Balken ein Kreuz. Der Hafen steht im Christentum für das Heimkehren der christlichen Seelen in das Himmelreich, und die einbrechende Nacht lässt an den Lebensabend denken.
Der Kopenhagener Hafen im Mondschein, 1831
Hafen des Lebens
Der Mond verweist auf den zyklischen Verlauf des Kosmos durch Geburt, Wachstum, Tod und Erneuerung. Die Seereise versinnbildlicht das menschliche Leben mit all seinen Risiken und Abenteuern. Im abendlichen Hafen kommen die Schiffe an und beenden ihre Reise. Zwei Drittel des Gemäldes werden von der Darstellung des Himmels ausgefüllt. Die Spiegelung des Mondes reicht bis in die Bildmitte. Sein Licht erhellt die Szenerie gerade so, dass sie sichtbar ist. Diese Bilddichte ist typisch für die Romantik.
Der Kopenhagener Hafen im Mondschein, 1831
Melancholie und Zufriedenheit
"Der Kopenhagener Hafen im
Mondschein" ist keine naturgetreue Darstellung der Stadt Kopenhagen, sondern enstand
aus der Erinnerung und vermittelt vor allem das Gefühl der Abendstimmung voller Melancholie
und Zufriedenheit. Von 1811 bis 1817 studierte Johan Christian Dahl in der dänischen
Hauptstadt. Seit dem Jahr 1818 lebte der norwegische Künstler in Dresden und im Jahr 1823
zog er mit dem berühmtesten Vertreter der deutschen Romantik, Caspar David Friedrich, in
eine Wohngemeinschaft. Insbesondere in diesem Gemälde findet sich eine Nähe zu seinem
Mitbewohner. Dahl war erst 1834 wieder zu Besuch in Kopenhagen.
Der Kopenhagener Hafen im Mondschein, 1831
Romantisches Landschaftsgemälde
„Ein Landschaftsgemälde darf uns nicht bloß in eine bestimmte Region versetzen, es soll auch das Charakteristische dieses Landes und seiner Natur besitzen. Es muss zu dem empfindsamen Betrachter in poetischer Weise sprechen, muss ihm zusätzlich so zu sagen etwas über die Natur des Landes mitteilen, seine Entstehung, sein Volk und seine Trachten – oft idyllisch, oft historisch – melancholisch, darüber was sie waren und sind.“, schreibt Johan Christian Dahl 1842. Wie andere Künstler der Romantik lud Dahl die Darstellung der Landschaft zusätzlich mit nationaler Charakterisierung auf.