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Rachel Maclean (*1987)

Coffee 4 Hugs aus der Serie Native Animals, 2019

Hippe Großstadtmieze

Als Großstadtmieze hängt die Katze ständig an ihrem Smartphone: Hier posiert sie gerade mit Peacezeichen für ein Foto von sich. Sie nutzt die Technik für ihre Selbstinszenierung und Kommunikation. Ihr Lieblingsort ist das Hipster-Café von nebenan. Als hippe Mieze der City, die ständig beschäftigt ist, steht ihr zweitwichtigstes Accessoire, der Coffee to go, im nachhaltig produzierten Becher neben ihr.

Rachel Maclean (*1987)

Coffee 4 Hugs aus der Serie Native Animals, 2019

Coffee to go

Seit der Kolonialzeit in Europa als Luxusware gehandelt, ist Kaffee heute weltweit ein Alltagsgetränk. Wir genießen ihn schwarz, mit Bio-/Soja-/Hafer-/Mandel- oder laktosefreier Milch, sowie mit oder und ohne Zucker. Kaffeemarke und Zubereitung geben Aufschluss über die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Szene oder Gesellschaftsschicht. In "Free Coffee 4 Hugs" trinken die Tiere ihren Kaffee aus wiederverwertbaren Plastikbechern und bekennen sich damit zum aktuellen Trend der umweltbewussten Nachhaltigkeit.

Rachel Maclean (*1987)

Coffee 4 Hugs aus der Serie Native Animals, 2019

British Roses

Rote Rosen tauchen in der Arbeit "Native Animals" an mehreren Stellen auf. Zum einen gehören Rosenzüchtungen zur Tradition der englischen Gartenkunst, zum anderen stehen Rosen im Wappen zweier Adelshäuser: Die rote Rose steht für das Haus Lancester und die weiße Rose für das Haus York. Aus den dramatischen Rosenkriegen im 15. Jahrhundert ging das Haus Tudor als Sieger hervor. Diese Dynastie vereinigte unter Henry VII. und James I. England und Schottland. Damit galt das Mittelalter als beendet; die Pest war überwunden und die Reformation eingeleitet. Rachel Maclean beschäftigt, inwiefern solche geschichtlichen Erzählungen und ihre Reproduktion die Identität Großbritanniens bis in die Gegenwart beeinflussen.

Rachel Maclean (*1987)

Coffee 4 Hugs aus der Serie Native Animals, 2019

Einheimische Tiere

Wie im Titel "Native Animals" angedeutet, geht es Rachel Maclean um die Darstellung einheimischer Tiere: Ab wann ist eine Tierart heimisch und wer bestimmt das? Kaninchen gehören zu einer invasiven Tierart, die erst mit der römischen Besatzung auf die britische Insel gelangten. Die Künstlerin zeigt die Kaninchen in grauer und abgewetzter Fellkostümierung, während alle anderen Tiere in "Native Animals" historisch inspirierte Gewänder in den britischen Nationalfarben tragen. Die roten Kaninchenaugen schauen angstvoll und ihre Körperhaltung wirkt angespannt. Meist sind sie auf der Flucht oder in sonstiger Bedrängnis. Im Stil einer satirischen Fabel erzählt Rachel Maclean von gesellschaftlicher Zugehörigkeit und Ausgrenzung sowie von der scharfen Trennung sozialer Klassen in der Gestalt von Tieren.

Rachel Maclean (*1987)

Coffee 4 Hugs aus der Serie Native Animals, 2019

Green Pleasant Land

Die britische Landschaftsmalerei oder berühmte Kinderromane, wie "Der Wind in den Weiden" oder "Peter Hase", erheben die heimatliche Landschaft zum Sehnsuchtsbild für eine friedliche Gesellschaft. Beim näheren Hinschauen sind diese international beachteten Kulturexporte aber dem Denken ihrer Zeit entsprechend gespickt mit diffamierenden und patriarchalen Mechanismen. Diesen Hintergrund nutzt Rachel Maclean geschickt, um ihre kritischen Beobachtungen zum britischen Nationalismus zum Ausdruck zu bringen.

Rachel Maclean (*1987)

Coffee 4 Hugs aus der Serie Native Animals, 2019

Kunst durch KI

Bildmerkmale der Arbeit "Native Animals", die an Vincent van Goghs Pinselschwünge oder an psychedelisch anmutende Augen erinnern, stammen von der Google-Software DeepDream. Rachel Maclean nutzt die Bildbearbeitungssoftware, um den Verfremdungseffekt der digitalen Malerei zu steigern. Sie selbst gibt in diesem Moment ihre Gestaltungsmacht ab und lässt etwas Neues entstehen, ohne es zu beeinflussen: Die Software arbeitet mit Algorithmen, die durch Künstliche Intelligenz gesteuert sind. So reflektiert Maclean auf technischer Ebene den Inhalt ihrer Arbeit, insbesondere den Brexit: Die Beeinflussung von Wahlausgängen über digitale Technologien war auch im Falle des Referendums ein Thema.

Rachel Maclean (*1987)

Coffee 4 Hugs aus der Serie Native Animals, 2019

Ein Gesicht und zahlreiche Rollen

Rachel Maclean zeichnet in dem mehrteiligen Werk "Native Animals" eine bitterbunte Satire über die britische Gesellschaft im Zeitalter des Brexits. Coffee 4 Hugs ist als digital gestaltetes Gemälde Teil dieser Installation. Hinter der Maskerade von Maus, Katze und Kaninchen befindet sich Rachel Maclean selbst. Die schottische Künstlerin nutzt ihre Verwandlungsfähigkeit, um in unterschiedliche Rollen und Geschlechter zu schlüpfen. Als Vorbild gilt der Künstlerin unter anderem die Medienkünstlerin Cindy Sherman, die seit den 1970er Jahren ihre Aneignung von Identitäten als einen feministischen Akt inszeniert.