Öl auf Papier, auf Leinwand
100 x 75 cm
Copyright Foto: Punctum/Peter Franke
Bildnis einer Italienerin, 1840
Zur Kur auf Ischia
Der Künstler weilt in den Sommern 1838, 1839 und 1840 auf der Insel Ischia zur Kur. Er möchte durch Bäder seinen Gesundheitszustand verbessern. Das dort entstandene Werk vereinigt mehrere Vorzüge seines Schaffens: die außerordentliche Fähigkeit zur Darstellung von Pflanzen und der Stofflichkeit von Oberflächen sowie das leuchtende Kolorit.
Bildnis einer Italienerin, 1840
Gefeierter Porträtmaler
Nach Anfängen im Umkreis der Nazarener wendet sich Senff beinahe ganz der Porträt- und Blumenmalerei zu. Er macht sich schnell einen Namen. Zu seinen Sujets gehören italienische Frauen in ihrer volkstümlichen Tracht. Der Übergang vom Individual- zum Typenporträt ist dabei fließend.
Bildnis einer Italienerin, 1840
Die schöne Insulanerin
Auf der Berliner Akademieausstellung von 1842 wird das Gemälde als „Portrait“ einer Frau von Ischia bezeichnet, welche "die schöne Ischianerin“ („detta la bella Ischitana“) genannt werde und „das National-Costüm der Insel“ trage.
Bildnis einer Italienerin, 1840
Wer ist die Schöne?
Das Erinnerungsalbum des Künstlers enthält einige gezeichnete Porträts von Bekanntschaften, die er auf Ischia gemacht hat. Dazwischen findet sich eine Seite mit der Beschriftung „Carolina, Ischia 1838“. Die zugehörige Porträtzeichnung jedoch ist offenbar herausgetrennt worden. So kann nur vermutet werden, dass die hier Dargestellte jene Carolina ist.
Bildnis einer Italienerin, 1840
Idealtyp der Frau
Die Darstellung hat individuelle, aber auch idealisierende Züge. Viele Künstler des 19. Jahrhunderts suchen in Italien den Idealtyp der „schönen Frau“, wie er den gängigen Vorstellungen der Zeit entspricht. In die Kunstgeschichte eingegangen ist der Hype um Vittoria Caldoni (1805 – um 1890), die schöne Winzerstochter aus Albano, die damals von vielen deutsch-römischen Künstlern porträtiert wird. Senff sucht sich seine eigene Vittoria.
Bildnis einer Italienerin, 1840
Kunstvolle Tracht
Die Hemdsärmel weisen ein für die italienische Volkskunst typisches Merkmal auf: die Reticella-Spitze, vom italienischen Wort für Netz, „rete“. Bei dieser einfachen Form werden aus einem Stoff in Leinwandbindung, also in einfacher Überkreuzung von Kett- und Schussfäden, Fäden herausgezogen, wodurch Stege entstehen. Diese Stege werden umstickt und damit verstärkt. Im Wechsel von Löchern und Stegen ergeben sich die Muster.
Bildnis einer Italienerin, 1840
Berühmter Blumenmaler
Der Henkelkorb in der linken Hand scheint geradezu überzuquellen. Neben hellen und dunklen Weintrauben und einem Pfirsich sind zahlreiche Pflanzen zu sehen: Chrysanthemen, Montbretien, die Pankrazlilie, eine Zinnie, Petunie, Myrte sowie Flachs und Wollmispel. Die rechte Hand hält eine Passionsblume. Senff ist als Blumenmaler international geachtet.
Bildnis einer Italienerin, 1840
Früchte und Blumen aus dem Archiv
Senff hat sich seit der Mitte der 1820er Jahre ein Archiv von Pflanzenstudien angelegt. Bei Bedarf paust er sie durch und überträgt sie auf seine Gemälde. Wahrscheinlich geht er auch bei diesem Werk so vor. Das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) besitzt eine große Zahl solcher Pflanzenstudien und Vorlagen.
Bildnis einer Italienerin, 1840
Die fehlende Insel
Der Blick geht von der Ostküste der Insel Ischia über den Golf von Neapel: Links ist das Kap Miseno zu sehen, dahinter der Vesuv mit seinem charakteristischen Doppelkegel, am Horizont schließlich die Höhenzüge oberhalb von Caserta. Die zwischen Ischia und dem Kap gelegene Insel Procida hat Senff weggelassen: die Darstellung sollte wohl nicht zu kleinteilig geraten. Obwohl der Künstler kaum Landschaftsbilder gemalt hat, haben sich zahlreiche Landschaftszeichnungen erhalten, die Senff für die Hintergründe seiner Porträts verwendet.
Bildnis einer Italienerin, 1840
Der römische Farbenhändler
Der römische Farbenhändler Domenico Dovizielli führt in der Via Babuino unweit der Spanischen Treppe zusammen mit seinen Söhnen eine bei Künstlern beliebte Farbenhandlung. Senff hat seine Leinwand in diesem Laden gekauft, das bezeugt der Firmenstempel auf der Rückseite. Als der Künstler Rom 1848 verlässt, beginnt ein Sohn von Dovizielli mit der neuen Fotokunst zu experimentieren.
Bildnis einer Italienerin, 1840
Anfänge der Fotografie
Bereits 1840, also im Entstehungsjahr des Gemäldes, führt François Sabatier, ein Bekannter des Künstlers, die von dem Franzosen Louis Daguerre kurz zuvor entwickelte Kamera in Rom ein. Senffs‘ Realismus entwickelt sich somit im Spannungsfeld zwischen Malerei und Fotografie.
Bildnis einer Italienerin, 1840
„Furchteinflößendes Riesenweib“
Die schöne Insulanerin hat eine Präsenz, die manche Zeitgenossen erschreckt: dieses „Riesenweib“ mache einen Angst einflößenden Eindruck, „wo noch harte, grelle Färbung hinzukömmt“. So schreibt der bekannte Kunsthistoriker Jacob Burckhardt in seiner Rezension der Berliner Akademieausstellung im Jahr 1848.
Bildnis einer Italienerin, 1840
Farbenpracht
Die ablehnende Kritik zeigt: Senff ist seinen Zeitgenossen mit seiner ehrlichen, beinahe naiven Darstellung und nüchternen Farbenpracht weit voraus. Denn in vielen seiner Werke finden sich genau jene Farbkontraste, welche die Lehrbücher damals zwar harmonisch nennen, im Kunstwerk selbst jedoch zu vermeiden empfehlen. Die gefällige volkstümliche Malerei jüngerer Künstler wie Léopold Robert (1794 – 1835) oder Rudolph Lehmann (1819 – 1905) kommt damals besser an, bleibt aber hinter Senffs‘ Werk zurück.
Bildnis einer Italienerin, 1840
Ein Hallenser für Halle
Das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) sammelt die Werke von Carl Adolf Senff seit der Gründung des Hauses im Jahr 1885. Bis heute ist eine Sammlung von mehr als 500 Arbeiten des Künstlers zusammengekommen. Werke von Senff sind u.a. in der Alten Nationalgalerie Berlin, der Münchner Neuen Pinakothek, dem Metropolitan Museum in New York und der Galleria Nazionale di Arte Moderna in Rom vertreten. Senff starb 1863 in Ostrau, unweit von Halle. Auf dem Grab wurde nach seinem Wunsch eine Linde gepflanzt, die bis heute steht.