Öl auf Leinwand
49 x 62 cm
Copyright Foto: Punctum/Bertram Kober
Vanitas-Stillleben, um 1620 – 1630
Vanitas-Stillleben
Der lateinische Begriff „Vanitas“ bedeutet „Eitelkeit“ - in der Malerei des Barock kann er auch mit „Vergänglichkeit“ gleichgesetzt werden. Im 17. Jahrhundert avanciert dieser Typus zu einer speziellen und beliebten Form der Stilllebenmalerei. Thema ist die Endlichkeit des Lebens, der Tod. In düsteren Farben und mit symbolträchtigen Gegenständen entwerfen die Künstler Sinnbilder für die Flüchtigkeit des Moments und die Unbeständigkeit des Seins.
Vanitas-Stillleben, um 1620 – 1630
Geheimnis um den Maler
Das Werk ist nicht signiert, wer es gemalt hat, bis heute unklar. Wegen seiner formalen Ähnlichkeit wird es allerdings dem „Meister des Almanachs des Damien Lhomme“ zugeordnet. Diese merkwürdige Namensgebung rührt daher, dass auf einem ähnlichen Gemälde im französischen Troyes ein Almanach abgebildet ist, auf dem der Name „Damien Lhomme“ zu lesen ist. Ob der Schöpfer dieser Bilder diesen Namen trug, bleibt Gegenstand weiterer Forschungen.
Vanitas-Stillleben, um 1620 – 1630
Französische Verwandtschaft
Das Stillleben im Musée des Beaux-Arts in Troyes zeichnet sich durch seine wiederkehrenden, ähnlichen Requisiten aus, wie dem Kerzenständer oder den Büchern. Charakteristisch ist auf dem dortigen Bild, dass eine Inschrift geschrieben steht, die übersetzt „im Jahr der Gnade 1641, mit aller Sorgfalt ausgeführt von Damien Lhomme, Troyes“ lautet. Die Forschung ermittelt zu dieser Zeit einen Buchdrucker dieses Namens in Troyes, von dem aber nicht bekannt ist, ob er auch Maler war. Die Autorenschaft aller dieser Bilder ist deshalb nicht eindeutig. Deswegen hat man sich dazu entschieden vom „Meister des Almanachs von Damien Lhomme“ zu sprechen. Nach wissenschaftlichen Untersuchungen ist das Bild in Halle mit dem aus Troyes verwandt.
Vanitas-Stillleben, um 1620 – 1630
Gegenstände als Requisiten
Die Gegenstände sind Requisiten, sie symbolisieren die Flüchtigkeit der Existenz irdischer Güter und des Lebens. In vielen Vanitas-Stillleben tauchen ähnliche Sinnbilder auf. Der Schädel weist auf den Tod hin. Der Krug ist zerbrochen, die Kerze abgebrannt, die Sanduhr abgelaufen und das Buch zerrissen. Nichts hält ewig und alles ist vergänglich. Der kalte, nackte Steinboden steigert diese Aussage zusätzlich.
Vanitas-Stillleben, um 1620 – 1630
Tod durch Gewalt
Prominent in der Bildmitte zieht der Schädel als das eindeutigste Vergänglichkeitssymbol den Blick auf sich. Ein Detail verblüfft: das Loch in der rechten Schädelhälfte. Es erzählt von einem gewaltsamen Tod. Womöglich ist es ein Einschussloch, als Konsequenz eines Duells zweier Konkurrenten, das den Verlierer das Leben kostete? Im Frankreich des 17. Jahrhunderts sind Duelle in Mode, sie fordern viele Menschenleben.
Vanitas-Stillleben, um 1620 – 1630
Religiöses Zitat
Ein aufgeschlagenes Buch dominiert das Bild. Ein biblisches Zitat aus dem Brief des Paulus an die Philipper (1:21) ist dort in französischer Sprache zu lesen: „Christ ist mein Leben und Sterben ist mein Gewinn“. Auf der anderen Buchseite ist ein Kupferstich abgebildet, der das Abendmahl Christi zeigt. Beides verweist aus religiöser Perspektive auf die Endlichkeit des Lebens und die Unabdingbarkeit des Sterbens.
Vanitas-Stillleben, um 1620 – 1630
Von Tod und Liebe
Ist es ein aufgeschlagenes Buch, das vor dem Schädel liegt? „Abhandlung über die Macht des Todes – Traité de la puissance de la mort“ ist auf dem Titelblatt zu lesen. Erst eine Restaurierung in den Jahren 1996/97 bringt diesen Schriftzug wieder zum Vorschein, denn im Lauf der Jahrhunderte hatte jemand eine entscheidende Änderung vorgenommen: die Buchstaben „t“ und „l“ wurden übermalt und aus „la mort“ wurde „amor“ – aus Tod also Liebe, ein genauer Gegensatz zur ursprünglichen Aussage. Jemand wollte dem Bild also eine hoffnungsvolle Wendung geben.