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Edvard Munch (1863 – 1944)

Porträt Dr. Max Linde, 1904

Wichtiger Förderer

Linde wird zu einem der wichtigsten Förderer Munchs. Während mehrerer Besuche zwischen 1902 und 1907 malt Munch neben diesem noch ein weiteres Gemälde des Hausherrn, das sich im Stenersen Museum in Oslo befindet. Ein Porträt von einem der vier Söhne Lindes ist heute im Museum Behnhaus Drägerhaus in Lübeck zu sehen. Weiter entsteht eine 16 Blätter umfassende Grafikmappe mit Szenen aus dem Leben und der Umgebung der Arzt-Familie Linde.

Edvard Munch (1863 – 1944)

Porträt Dr. Max Linde, 1904

In Geldnöten

Max Linde gerät in den 1920er Jahren in Geldnot, als Folge der Inflation. Er muss sich von zahlreichen Kunstwerken trennen. Im Jahr 1925 kann sein hochformatiges Bildnis für die Sammlung des Museums erworben werden. Ein weiterer Meilenstein für die Sammlung, die dank visionärer Ankaufspolitik ihres ersten Direktors Max Sauerlandt (1880 – 1934) damals zu den wichtigsten für moderne Kunst in Deutschland zählt.

Edvard Munch (1863 – 1944)

Porträt Dr. Max Linde, 1904

Arzt, Mäzen und Autor

Max Linde ist nicht nur Augenarzt und Kunstmäzen – er schreibt 1905 auch ein Buch über Edvard Munch, welches jüngst wiedererschienen ist: „Edward Munch. Person und Kunst als Boten der Zukunft“. Neben persönlichen Wahrnehmungen beschreibt er darin das Zukunftsweisende an Munchs Person und Kunst und gibt Einblicke in dessen Weltanschauungen.

Edvard Munch (1863 – 1944)

Porträt Dr. Max Linde, 1904

Elegante Erscheinung

Enganliegender Mantel, weißer Kragen, Spazierstock, Handschuhe und Hut, dazu ein feiner Schnurrbart und seitlich gescheiteltes Haar – es scheint, als wäre der elegante Herr gerade im Begriff, das Haus für einen Spaziergang zu verlassen. Für die Freizeitbeschäftigung sprechen auch das Fehlen einer für seine Profession typischen Arzttasche und der lange, schlanke Spazierstock. Ob es sich um eine Selbstinszenierung Lindes oder eine zufällig vom Künstler eingefangene Situation handelt, bleibt offen.

Edvard Munch (1863 – 1944)

Porträt Dr. Max Linde, 1904

Begegnung auf Augenhöhe

Edvard Munch steht mit seiner Staffelei nur wenige Schritte von Max Linde entfernt. Beide begegnen sich – real wie im übertragenen Sinn – auf Augenhöhe. Da das Gemälde – wie üblich – ein gutes Stück über Bodenhöhe an der Wand präsentiert wird, bleibt dieses Privileg den Betrachtern des Werkes verwehrt. Der lebensgroß Dargestellte schaut vielmehr über sein Gegenüber hinweg, ein direkter Blickkontakt ist nicht möglich.

Edvard Munch (1863 – 1944)

Porträt Dr. Max Linde, 1904

Seiner Zeit voraus

Dem Hintergrund hat Munch nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt: drei mit raschem Pinsel gemalte, fast monochrome, rechtwinklig zueinander angeordnete Flächen. Lange vor Bauhaus, De Stijl und anderen abstrakten Kunstströmungen ist Munch sich der Wirkung bewusst, die streng voneinander abgegrenzte Flächen in verschiedenen Farben haben. Die weiße Fläche als Hintergrund für die schwarze Kleidung des Arztes sorgt dafür, dass sich die Figur plastisch abhebt.

Edvard Munch (1863 – 1944)

Porträt Dr. Max Linde, 1904

Wegbereiter

Eine grobe Kohlevorzeichnung als Vorlage, dann bringt Munch das Porträt mit breiten, rasch ausgeführten Pinselstrichen auf die Leinwand – ganz anders als viele seiner Malerkollegen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die impressionistische Malweise ist noch weit verbreitet: pastoser Farbauftrag unter Verwendung feiner Pinsel und ein vielfältiges Farbenspektrum. Indem er die Farben kaum mischt und große Farbflächen nebeneinanderstellt, verwendet Munch bereits Stilelemente des Expressionismus. Nicht umsonst gilt er als Wegbereiter dieser Kunstrichtung.

Edvard Munch (1863 – 1944)

Porträt Dr. Max Linde, 1904

Entarteter Künstler

Auf Vermittlung Max Sauerlandts (1880 – 1934), des ersten Direktors des halleschen Kunstmuseums zwischen 1908 und 1919, wird das Werk 1925 für die Sammlung erworben. Obwohl Edvard Munch 1937 von der nationalsozialistischen Regierung als „entarteter Künstler“ eingestuft wird und mehr als 80 seiner Werke aus öffentlichen Museen beschlagnahmt werden, gehört das Gemälde nicht zu den 147 Gemälden und Grafiken, die im Museum in der Moritzburg 1937 als „entartet“ entfernt werden. Die Gründe dafür sind nicht bekannt.

Edvard Munch (1863 – 1944)

Porträt Dr. Max Linde, 1904

Abenteuerliche Reise

Das Werk war 45 Jahre nicht in Halle (Saale)! 1943 wird es zusammen mit vier weiteren Gemälden des Museums irrtümlicherweise einem Transport von zuvor in der Moritzburg gelagerter Raubkunst aus Frankreich nach Süddeutschland mitgegeben, wodurch es 1945 letztlich nach München gelangt. Erst 1988 kehrt es im Rahmen des Kulturabkommens zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland in die Sammlung zurück.