Öl auf Hartfaser
124 x 100 cm
Copyright Werk: Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Copyright Foto: Klaus E. Göltz
Heiteres, 1967
Pop Art in London
Ausschnitte, offenbar aus Zeitschriften und vorgefundenen Materialien, sind hier kombiniert. Tatsächlich hat der Dresdener Maler Willy Wolff bei Aufenthalten in London in den Jahren 1957 und 1958 die Anfänge der britischen Pop Art wahrgenommen, die sich gerade in der Öffentlichkeit zu zeigen beginnt. Nach einer abstrakten Phase, in der vornehmlich Bilder mit Flächen in Weißtönen entstehen, entwickelt er ab Mitte der 1960er Jahre eine Malerei, die an Pop Art zwar erinnert, aber ganz eigenständig ist.
Heiteres, 1967
Typografisches Schriftbild
Der in Großbuchstaben am oberen Bildrand angegebene und halb gespiegelte Name des Künstlers sowie die in einen grünen Kreis gesetzte Zahl 67 folgen modernen typografischen Schriftbildern, wie sie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden. Die Signatur verweigert den persönlichen Duktus einer Malerhand, so wie auch aus dem Bild Subjektivität zugunsten populärer und unpersönlicher Elemente zurückgenommen ist.
Heiteres, 1967
Gemalte Collagen
Wolff entwirft seine späten Bilder, zu denen auch dieses zählt, zunächst als Collagen, die er mit präziser Perfektion in allen Einzelheiten abmalt. Auch seine späten Bilder bestechen durch diese genaue, handwerklich perfekte Malweise, die er während seines Studiums an der Dresdener Akademie und als Meisterschüler von Otto Dix erlernt hat. In „Heiteres“ überträgt er sogar die gerissenen Kanten der Papierschnitzel und den rot durchblitzenden Untergrund der Collage ins Malerische.
Heiteres, 1967
Altmeisterlich modern
Obwohl das ganze Bild auf den ersten Blick wie eine Collage wirkt, ist es ausschließlich gemalt und damit ein Unikat. Die Motive oder Elemente wiederholen sich bei Willy Wolff nicht, anders als in den seriellen Siebdrucken von Andy Warhol. In den geschichteten farbigen Flächen mit Zahlen und Buchstaben im Zentrum des Bildes, die auf den ersten Blick jeweils von einer Farbe beherrscht sind und an Papierschnitzel erinnern, sind aus der Nähe musterartige Strukturen und abstrakt wirkende Mehrfarbigkeiten zu erkennen. Schwarze Linien führen verbindend zu den Elementen außerhalb der „Fahne“. So fließen in das Bild auch altmeisterliche und abstrakte Malweisen ein.
Heiteres, 1967
Ohne Sinn
Die Buchstaben und Zahlen auf den farbigen Flächen ergeben keinen Sinn. Sie verweisen auch nicht auf einen Namen oder eine Marke, wie in der amerikanischen Pop Art. Wolff stellt die farbigen Partien in der Mitte seiner Komposition zu einer unregelmäßigen Rechteckfläche zusammen. Ihre linke und die untere Kante werden durch dicke, in Schwarz aufgedruckte Kanten optisch stabilisiert. Damit gewinnt diese Form entfernt den Anschein einer Zeitschriftenseite in einem Halter oder einer stehenden bunten Fahne. Ist es eine Anspielung auf Werbung, die zum gedankenlosen Konsum animieren will?
Heiteres, 1967
Glücksversprechen
Der Kopf einer rufenden Blondine schaut hinter einer bunten Rechteckfläche hervor. Sie entspricht dem Schönheitsideal der Film- und Zeitschriftenindustrie. Ein Stück rotes Tuch weht über ihrer erhobenen Hand. Wolff ist seit früher Jugend begeistert von der kommunistischen Idee und seit 1929 Mitglied der KPD. Das rote Tuch wirkt wie ein Schal, kann aber ebenso als Anspielung auf die rote Fahne verstanden werden. Es scheint, als verbinde Wolff hier ein Symbol des Kommunismus mit Bildern einer populären Ästhetik, bekannt aus der Werbung. Hinterfragt er damit ironisch die völlig gegensätzlichen Glücksversprechen der beiden politischen Systeme?
Heiteres, 1967
Nicht staatskonform
Im Bombardement von Dresden am 13. Februar 1945 wird ein großer Teil des Werkes von Willy Wolff zerstört. In den ersten Jahren nach dem Krieg wird der Künstler, der sich als Kommunist dem Aufbau des sozialistischen Staates eng verbunden fühlt, sehr geschätzt. Mit Aufkommen der Kunstdoktrin des Sozialistischen Realismus wird er jedoch wegen seiner hyperrealistischen Malerei mit surrealen und grotesken Momenten mehr und mehr kritisch betrachtet und isoliert.
Heiteres, 1967
Arbeit als Museumsführer
Seit den 1950er Jahren hat Wolff wegen staatlicher Kritik keine Chance, als Künstler seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Er hält sich als Museumsführer in den Sammlungen der Staatlichen Museen in Dresden über Wasser. Als 1977 seine erste Einzelausstellung in Leipzig die in den 1960er und 1970er Jahren entstandenen Werke zeigt, löst sie Begeisterung aus. In der Folge erwerben mehrere Museen in der DDR Gemälde und grafische Unikate. Das Bild „Heiteres“ wird 1980 vom Museum angekauft. In den folgenden Jahren kommt ergänzend ein umfangreiches Konvolut von Zeichnungen und grafischen Unikaten aus dem Schaffen des Künstlers seit 1950 dazu.