Öl auf Leinwand
72,3 cm x 51 cm
Casper David Friedrich
Copyright am Foto: bpk/Kunstsammlungen Chemnitz
Foto: László Tóth
Segelschiff, um 1815
Dreimaster im Nebelmeer
Schiffe waren ein wichtiges Bildmotiv für Caspar David Friedrich. Von Kindheit an war der Künstler mit dem Meer und der Schifffahrt vertraut. Friedrichs Elternhaus lag unweit des Greifswalder Hafens. Von den naheliegenden Dörfern Wieck und Eldena aus konnte er ein- und auslaufende Schiffe gut beobachten. Doch auch nach seiner Übersiedlung nach Dresden hatte er dank der florierenden Elbschifffahrt ähnliche Motive vor Augen. In seinem Atelier befand sich das Modell eines dänischen Fregattenschiffes, welches dem Gemälde „Segelschiff“ als Vorlage gedient haben könnte.
Segelschiff, um 1815
Die Nichtigkeit des Menschen
Ein Farbtupfer einer rot-weißen Flagge am Heck des Schiffes lenkt die Aufmerksamkeit des Blicks auf den Bildmittelgrund. Der Horizont ist gänzlich in Nebel getaucht. Erst bei längerer Betrachtung des Schiffes entdeckt man in der Mitte zwischen Vor- und Hauptmast eine schemenhafte Figur mit erhobenem Arm. Winzig wirkt der Mensch angesichts von Technik und Natur.
Segelschiff, um 1815
Flattende Wimpel im Sonnenlicht
Der Hauptmast wird von flatternden Wimpeln gekrönt. Als einziges dynamisches Element des Gemäldes lenken sie den Blick auf die Sonne, die zwischen der aufreißenden Wolkendecke erscheint und dem Anblick etwas Mystisches verleiht. Das Segelschiff kann auch als Sinnbild für ein noch nicht gefundenes Lebensziel interpretiert werden.
Segelschiff, um 1815
Meister der Landschaftsmalerei
1794 begann Friedrich ein Studium an der Königlich Dänischen Kunstakademie in Kopenhagen –damals eine der liberalsten Europas. Gut vier Jahre später siedelte er nach Dresden über, wo er in engerem Austausch mit zahlreichen Künstlerkollegen stand. Seine bevorzugten Techniken waren zunächst die Federzeichnung mit Tusche und Sepia und das Aquarell. Erste Ölbilder malte Friedrich um 1807. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. 1809 entstanden die Gemälde „Mönch am Meer“ und „Abtei im Eichwald“. Eine euphorische Besprechung durch Heinrich von Kleist machte den Künstler einem größeren Publikum bekannt.
Segelschiff, um 1815
Turbulente Zeiten
Die Entstehung des Bildes fällt in eine unruhige Zeit. Dresden war seit der Schlacht von Jena 1806 mehrfach Schauplatz kriegerischer Ereignisse und stand unter französischer Besetzung. Die Stadt wurde zum Zentrum eines patriotischen Befreiungskampfes gegen die napoleonischen Truppen. Caspar David Friedrich war ebenso wie Heinrich von Kleist, Ernst Moritz Arndt und Theodor Körner glühender Anhänger der nationalen Befreiungsbewegung.
Segelschiff, um 1815
Das bedeutungsvolle Schiff
Die
isolierte Darstellung eines singulären Segelschiffs ist ungewöhnlich für Caspar
David Friedrich. 1810 entstand das Gemälde „Schiffe im Hafen von Greifswald“,
das den gleichen Schiffstypus mit eingeholten Segeln zeigt. 1835 greift er das
Motiv in dem Gemälde „Lebensstufen“ auf, fünf Schiffe gleiten in einen
entfernten Bildraum hinweg. Im Hafen liegende Schiffe hingegen
versinnbildlichen im Zusammenhang mit dem abendlichen Himmel das Lebensende. Wichtig
für den Gesamteindruck dieses „Segelschiffs“ ist die Verschleierung des
Horizontes durch Nebel, die Intensivierung eines Lichtkegels hinter dem
Schiffskorpus und eine Verringerung der Distanz zum Betrachter. Das Einlaufen
des Schiffes in den Hafen kann als Metapher für das Sterben betrachtet werden.