Chem Caspardavidfriedrich Segelschiff Minimum

Caspar David Friedrich (1774 – 1840)

Segelschiff, um 1815

Dreimaster im Nebelmeer

Schiffe waren ein wichtiges Bildmotiv für Caspar David Friedrich. Von Kindheit an war der Künstler mit dem Meer und der Schifffahrt vertraut. Friedrichs Elternhaus lag unweit des Greifswalder Hafens. Von den naheliegenden Dörfern Wieck und Eldena aus konnte er ein- und auslaufende Schiffe gut beobachten. Doch auch nach seiner Übersiedlung nach Dresden hatte er dank der florierenden Elbschifffahrt ähnliche Motive vor Augen. In seinem Atelier befand sich das Modell eines dänischen Fregattenschiffes, welches dem Gemälde „Segelschiff“ als Vorlage gedient haben könnte.

Caspar David Friedrich (1774 – 1840)

Segelschiff, um 1815

Die Nichtigkeit des Menschen

Ein Farbtupfer einer rot-weißen Flagge am Heck des Schiffes lenkt die Aufmerksamkeit des Blicks auf den Bildmittelgrund. Der Horizont ist gänzlich in Nebel getaucht. Erst bei längerer Betrachtung des Schiffes entdeckt man in der Mitte zwischen Vor- und Hauptmast eine schemenhafte Figur mit erhobenem Arm. Winzig wirkt der Mensch angesichts von Technik und Natur.

Caspar David Friedrich (1774 – 1840)

Segelschiff, um 1815

Flattende Wimpel im Sonnenlicht

Der Hauptmast wird von flatternden Wimpeln gekrönt. Als einziges dynamisches Element des Gemäldes lenken sie den Blick auf die Sonne, die zwischen der aufreißenden Wolkendecke erscheint und dem Anblick etwas Mystisches verleiht. Das Segelschiff kann auch als Sinnbild für ein noch nicht gefundenes Lebensziel interpretiert werden.

Caspar David Friedrich (1774 – 1840)

Segelschiff, um 1815

Meister der Landschaftsmalerei

1794 begann Friedrich ein Studium an der Königlich Dänischen Kunstakademie in Kopenhagen –damals eine der liberalsten Europas. Gut vier Jahre später siedelte er nach Dresden über, wo er in engerem Austausch mit zahlreichen Künstlerkollegen stand. Seine bevorzugten Techniken waren zunächst die Federzeichnung mit Tusche und Sepia und das Aquarell. Erste Ölbilder malte Friedrich um 1807. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. 1809 entstanden die Gemälde „Mönch am Meer“ und „Abtei im Eichwald“. Eine euphorische Besprechung durch Heinrich von Kleist machte den Künstler einem größeren Publikum bekannt.

Caspar David Friedrich (1774 – 1840)

Segelschiff, um 1815

Turbulente Zeiten

Die Entstehung des Bildes fällt in eine unruhige Zeit. Dresden war seit der Schlacht von Jena 1806 mehrfach Schauplatz kriegerischer Ereignisse und stand unter französischer Besetzung. Die Stadt wurde zum Zentrum eines patriotischen Befreiungskampfes gegen die napoleonischen Truppen. Caspar David Friedrich war ebenso wie Heinrich von Kleist, Ernst Moritz Arndt und Theodor Körner glühender Anhänger der nationalen Befreiungsbewegung.

Caspar David Friedrich (1774 – 1840)

Segelschiff, um 1815

Das bedeutungsvolle Schiff

Die isolierte Darstellung eines singulären Segelschiffs ist ungewöhnlich für Caspar David Friedrich. 1810 entstand das Gemälde „Schiffe im Hafen von Greifswald“, das den gleichen Schiffstypus mit eingeholten Segeln zeigt. 1835 greift er das Motiv in dem Gemälde „Lebensstufen“ auf, fünf Schiffe gleiten in einen entfernten Bildraum hinweg. Im Hafen liegende Schiffe hingegen versinnbildlichen im Zusammenhang mit dem abendlichen Himmel das Lebensende. Wichtig für den Gesamteindruck dieses „Segelschiffs“ ist die Verschleierung des Horizontes durch Nebel, die Intensivierung eines Lichtkegels hinter dem Schiffskorpus und eine Verringerung der Distanz zum Betrachter. Das Einlaufen des Schiffes in den Hafen kann als Metapher für das Sterben betrachtet werden.