Acht Radierungen, Berlin: Verlag Julius Meier-Graefe 1895
Kaltnadel
39 cm x 29,3 cm
Edvard Munch
Copyright am Foto: bpk/Kunstsammlungen Chemnitz
Foto: May Voigt
Das kranke Kind I, 1894
Ein trauriger Anblick
Edvard Munch hat das Motiv des kranken Kindes vielfach als Grafik und Gemälde variiert. Er verbrachte seine Kindheit und Jugend in Kristiana, dem heutigen Oslo. Schon zu dieser Zeit machte er Erfahrungen mit dem Tod. Auch mit dem Motiv des kranken Kindes verarbeitete er traumatische Erinnerungen an sein Elternhaus. Das vom großen Kissen gestützte Mädchen zeigt seine Schwester Sophie, die 1877 im Alter von 15 Jahren an Tuberkulose starb. Bereits als Fünfjähriger hatte er den Tod der 30-jährigen Mutter verarbeiten müssen.
Das kranke Kind I, 1894
Fürsorgliche Nähe
Für die trauernde Mutterfigur wählt er
als Modell seine
Tante Karen Marie Bjølstad.
Nach dem Tod der Schwester kümmerte sie sich um den Haushalt und die Kinder der Familie
Munch. Die Geste der zärtlichen Berührung von Mutter und
Tochter als einziger körperlicher Kontakt steht im Mittelpunkt der Komposition.
Das kranke Kind I, 1894
Zarte Blässe
Modell für das kranke Kind ist die elf
Jahre alte Betzy
Nielsen. Munch machte ihre Bekanntschaft, als er seinen als Arzt tätigen Vater
bei einem Hausbesuch begleitete. Die Konzentration im Bildaufbau gilt den Oberkörpern der
Frauen. Die dunkle trauernde Gestalt steht in starkem Kontrast zum blassen
zarten Gesicht des Mädchens mit müdem und abwesendem Blick.
Das kranke Kind I, 1894
Der Baum der Hoffnung
Unter dem eigentlichen Bildfeld befindet sich eine Landschaftsskizze mit einem einzelnen Baum. Der Eindruck des Unvollendeten ist von Munch gewünscht. Die Verbindung der beiden unterschiedlichen Szenen kombinieren das Ende des Lebens mit der Natur als Symbol für den Neubeginn.