Chem Ottodix Rothaarigedame Minimum

Otto Dix (1891 – 1969)

Rothaarige Frau (Damenporträt), 1931

Schonungsloser Blick

Nach dem Ende des 1. Weltkrieges mit seinen gesellschaftlichen und politischen Umbrüchen bringt Otto Dix dem Menschen als Motiv besondere Aufmerksamkeit entgegen. Dabei richtet sich sein künstlerisches Interesse jedoch nicht nur auf Kriegsversehrte, Bettler und Nachtschwärmer. Auch die gutbürgerliche Gesellschaft bleibt von den Auswirkungen des Krieges und seinem schonungslosen Blick nicht verschont.

Otto Dix (1891 – 1969)

Rothaarige Frau (Damenporträt), 1931

Vom Leben gezeichnet

Der 1. Weltkrieg veränderte die Sehweise des Malers Otto Dix. Wie eindringlich er sich im dekadenten und gespaltenen Großstadtleben der Weimarer Republik nach dem Ersten Weltkrieg bewegte, zeigen zahlreiche Porträts und Darstellungen von Menschen, denen er förmlich unter die Haut kriecht. Dix malte menschliche Schatten- und Halbwesen, die zwischen Leben und Tod, Vergangenheit und Zukunft taumeln.

Otto Dix (1891 – 1969)

Rothaarige Frau (Damenporträt), 1931

Verlorener Glanz

Das mit Pailletten besetzte Kleid, der Schmuck am Oberarm und die edel anmutende Wasserwelle der Frau stehen ihrem blassen Gesicht und dem ausgezehrten, mageren Körper diametral entgegen. Während die emanzipierte Frau zur Zeit der Weimarer Republik ihre enge Vorkriegskleidung gegen kurze Kleider tauscht und statt eines konservativen Dutts eine Kurzhaarfrisur trägt, scheint der einst schönen und anmutigen Dame auf dem Gemälde jeder Lebensmut aus dem Blick gewichen.

Otto Dix (1891 – 1969)

Rothaarige Frau (Damenporträt), 1931

Meisterhafte Darstellung

Bevor Dix das Bild auf eine Tischlerplatte aufzog, untermalte er den grundierten Bildträger mit einer Ei-Öl-Tempera-Emulsion und vollendete den Bildaufbau mit feinen Schichten in Öl. So entstand eine alabasterfarben wirkende Haut, die den Eindruck von Zerbrechlichkeit ebenso verstärkt wie das intensive Blau des Hintergrundes, das in komplementärem Kontrast zu Haut und Haar der Porträtierten steht.

Otto Dix (1891 – 1969)

Rothaarige Frau (Damenporträt), 1931

Schwindsüchtige Schönheit

Eine der Auswirkungen des Ersten Weltkrieges war die Verbreitung von Krankheiten wie Typhus, Ruhr, Cholera, Blattern und Malaria. Fehlende Körperpflege, Kälte und unzureichende Nahrung waren nur einige Ursachen, die zur Verbreitung von Keimen, Bakterien und Viren unter Soldaten beitrugen. Doch auch in der Zivilbevölkerung waren Krankheitsbilder wie Abgeschlagenheit, Gereiztheit und Anfälligkeit für Grippe und Erkältung alltäglich. Die Tuberkulose wurde auch als Schwindsucht oder als ‚Weißer Tod‘ bezeichnet. Die hier Dargestellte wirkt wie eine Verkörperung dieser Hinfälligkeit.