Öl und Sand auf Leinwand
80,5 x 64,5 cm
Copyright am Werk: VG Bild-Kunst, Bonn 2020
Copyright am Foto: Kunstsammlungen Chemnitz
Foto: Archiv Kunstsammlungen Chemnitz – Museum Gunzenhauser
Bild mit Muschelform auf Grau-Violett, 1932
Geometrische Formen
Willi Baumeisters konstruktivistische
Phase setzte parallel zu Künstlern wie Kandinsky, Malewitsch oder Mondrian ein. In den 20er
Jahren wurden elementare einfachste Formen und vor allem die Fläche als Element zum Mittel
des Malers. Geometrische Formen werden zum wichtigen Gestaltungsmittel und schaffen eine
Bildwelt, die ihren Sinn in sich selbst trägt.
Bild mit Muschelform auf Grau-Violett, 1932
Organische Formen und Bewegung
Die Bildflächen beginnen sich zu überlagern. Der organisch geschwungene Verlauf der Linie, abstrahiert aus dem Umriss des menschlichen Körpers, bestimmt vorübergehend die Komposition seiner Bilder. Biomorphe Formen, wie die muschelartige Gestalt oberhalb der Figur, tauchen in den Bildern von Willi Baumeister auf. Schon in seinen Sportlerbildern wird die menschliche Figur zum Motiv, hier jedoch sind die Figurationen noch freier und schwebender.
Bild mit Muschelform auf Grau-Violett, 1932
Hervortreten aus dem Unterbewussten
Die Bewegung im Bild resultiert aus den Formen, die sich über die ganze Fläche ausbreiten. Schwebende, flüssige Konstellationen bringen zur Geltung, was Willi Baumeister mit Blick auf Cézannes Bilder ‚Zeitsubstanz‘ nannte. Sie ist Ausdruck einer ‚gesteigerten Bewegung‘ in der modernen Welt und des entsprechend wahrgenommenen ‚Zivilisationszustandes‘. Dahinter werden die Umrisse der Vergangenheit sowie untergegangener Kulturen sichtbar. Spuren aus Farbe, Erde und Sand treten hervor und sind zugleich tief im Unterbewusstsein des Menschen eingegraben.
Bild mit Muschelform auf Grau-Violett, 1932
Vorbild Höhlenmalerei
Mit dem Einsatz neuer Gestaltungselemente begann für Baumeister um 1930 eine betont malerische Phase. Die Art des Farbauftrags, die Verwendung von Sand und Spachtelkitt, die Behandlung der Oberfläche machen deutlich, dass ihm in dieser Phase das intensive Spiel mit Texturen mindestens ebenso wichtig war wie das Motiv. Es entstanden vermehrt Gemälde auf Sand, die sich materiell wie formal auf die von ihm bewunderte prähistorische Höhlenmalerei beziehen. In ihr manifestiert sich seine Vorstellung von den verborgenen Urkräften in der Kunst.
Bild mit Muschelform auf Grau-Violett, 1932
Schritt für Schritt
Baumeisters Entwicklung verlief in Schüben, in denen der Künstler oft zeitgleich verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten erprobte. Von 1928 bis 1933 hat Willi Baumeister eine Professur an der Städtischen Kunstgewerbeschule, der heutigen Städelschule, in Frankfurt am Main. In dieser Zeit werden die Formen in seinen Bildern zunehmend weicher, schrittweise gibt er die strenge, konstruktivistische Malerei auf. Auf diese Weise konnte er sich immer stärker dem Motiv der Bewegung zuwenden.