83,7 × 67,5 cm
Öl,
Gips auf Leinwand
Copyright Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln
Hauptweg und Nebenwege, 1929
Hauptweg und Nebenwege
Ist es eine südliche Landschaft? Zeigt sich am Horizont das Meer? Auf den ersten Blick scheinen die sorgfältig komponierten Streifen in Pastelltönen, eine Szene in der flirrenden Natur des Südens zu ergeben. Aber Klee geht es um mehr: Er möchte eine künstlerisch reflektierte, abstrakte Konstruktion schaffen.
Hauptweg und Nebenwege, 1929
Der Weg als Symbol
Rational abstrakt und zugleich eine poetische Landschaft – „Hauptweg und Nebenwege“ kann beides sein. Klee spielt zudem mit der symbolischen Bedeutung des Weges als schicksalhaften Verlauf des Lebens. Das Werk zählt, zusammen mit etwa sechzig weiteren, zur Gruppe der sogenannten Streifen- oder Lagenbilder des Künstlers.
Hauptweg und Nebenwege, 1929
In Gips geritzt
Nur der Hauptweg führt geradewegs in den Hintergrund. Daneben hat Klee in den frischen Gipsgrund auf der Leinwand eine nach strengen geometrischen Regeln konstruierte Linienstruktur geritzt. Die Felder füllt Klee so mit Farbtönen, dass Pfade entstehen. Wie ein Mathematiker oder ein Komponist folgt der Maler einem System, bei dem die Längen der Farbstreifen entweder ein Teil oder ein Vielfaches voneinander sind.
Hauptweg und Nebenwege, 1929
Mit dem Lineal
Der mittig angelegte Hauptweg ist durch zwei gerade, sich nach oben hin verjüngenden Linien klarer umrissen als die Nebenwege, die sich teilen, unvermittelt enden und unregelmäßig verlaufen. Für den Hauptweg benutzt Klee ein Lineal, die Nebenwege hingegen zieht er frei.
Hauptweg und Nebenwege, 1929
Blick hinter die Wirklichkeit
Am oberen Ende ist durch blau-graue Streifen ein Horizont markiert. „Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar“, sagt Klee, der sich für die Grundstrukturen hinter der äußeren Gestalt der Dinge interessiert. Das Bild entsteht noch während seiner Zeit am Bauhaus, das er 1931 verlässt: er tritt eine Professur an der Kunstakademie Düsseldorf an.
Hauptweg und Nebenwege, 1929
Reise nach Ägypten
Bevor er Farbe aufträgt, ritzt der Maler Zeichen und Symbole in die Gipsschicht auf der Leinwand. Sie erinnern an ägyptische Schriftzeichen. Im Dezember 1928 reist Klee für einen Monat nach Ägypten und verarbeitet die atmosphärischen Eindrücke von Licht und Weite in Komposition und Farbgebung des 1929 entstandenen Bildes. Er verbindet Zahlenharmonie, Farbenlehre und Geometrie mit der Kulturgeschichte Ägyptens.