Sandstein
1,93m x 0,72m x 0,60 m
Copyright am Werk: Rheinisches Landesmuseum Trier – GDKE
Copyright am Foto: Rheinisches Landesmuseum Trier – GDKE
Foto: Th. Zühmer
Reliefblock eines Grabmals mit Schulszene, um 180 n. Chr.
Unterricht auf Römisch
Eine Schulstunde im Fach Antike Literatur kann auch im 2. Jahrhundert nach Chr. schon ziemlich anstrengend sein - erst recht, wenn man beim Privatunterricht zu Hause mit nur wenigen Mitschülern ständig gefordert ist! Bei den Römern gibt es keine Schulen, wie wir sie kennen. Jeder zum Lehren befähigte Mann kann eine solche gründen.
Reliefblock eines Grabmals mit Schulszene, um 180 n. Chr.
Keine Schulpflicht
Aber wer es sich leisten kann, engagiert Privatlehrer, die dem Nachwuchs zuhause Stunden geben. Eine Schulpflicht gibt es nicht. In der Grundschule wird Lesen, Schreiben und Rechnen gelehrt. Danach folgt eine Literaturschule. In dieser Stufe befinden sich wohl bereits die sitzenden Kinder. Nach vier weiteren Jahren kann sich eine Rhetorikschule anschließen.
Reliefblock eines Grabmals mit Schulszene, um 180 n. Chr.
Blick ins Klassenzimmer
Zwei Söhne des Grabinhabers sitzen in Lehnstühlen einander gegenüber. Beide halten eine Buchrolle aus Papyrus vor sich. Solche Buchrollen sind kostbar – vielleicht sind sie deshalb so deutlich dem Betrachter zugewendet und größer, als sie in Wirklichkeit sind.
Reliefblock eines Grabmals mit Schulszene, um 180 n. Chr.
Elitäre Pädagogik
Der Lehrer sitzt in der Mitte. Durch seine lockigen Haare und den vollen Bart ist er als Grieche, das heißt als gut ausgebildeter Pädagoge, charakterisiert. Von rechts tritt ein weiterer Sohn grüßend heran – gleich wird er die Geschwister im Unterricht ablösen. Statt einer Papyrusrolle trägt er fünf Wachstäfelchen an einem Henkel – in diese wird er seine Schreib- und Rechenübungen ritzen.
Reliefblock eines Grabmals mit Schulszene, um 180 n. Chr.
Die römische Lebenswelt
Die tiefsten Einblicke in die römische Lebenswelt bieten uns Darstellungen auf Grabmälern einst gutsituierter Römer. Dort werden nämlich ganze Lebensgeschichten in Szene gesetzt. So wird vom Grabinhaber allein mit diesem kleinen Ausschnitt des Schulreliefs vermittelt, dass er mehrere Söhne hat, denen er teuren Privatunterricht mit guten Unterrichtsmaterialien und einem qualifizierten Lehrer ermöglichen kann. Und das sollte auch dem Betrachter unbedingt gezeigt werden. Reichtum und gute Bildung gehören zu den beliebtesten Sujets!
Reliefblock eines Grabmals mit Schulszene, um 180 n. Chr.
Nur ein Teil vom Ganzen
Das Schulrelief hat einst die rechte Nebenseite eines über zehn Meter hohen Grabpfeilers geschmückt, von dem mehrere Fragmente im Fundament des Kastells von Neumagen wiederentdeckt werden. Es hat sein späteres Schicksal mit vielen anderen monumentalen Grabmälern geteilt. Denn auch die Römer denken praktisch: was nicht mehr gebraucht wird, verwendet man für andere Zwecke weiter.
Reliefblock eines Grabmals mit Schulszene, um 180 n. Chr.
Archäologische Indizien
Das Relief erzählt nicht nur viel über das einstige Leben des Verstorbenen, sondern gibt auch wegen seiner handwerklich perfekten und detailreichen Darstellung wichtige Hinweise auf seine zeitliche Einordnung. So können Archäologen beispielsweise anhand von Kleidung, Frisuren, sogar der Augengestaltung oder des Rankenblattwerks von einer Entstehungszeit des Reliefs am Ende des 2. Jahrhunderts nach Chr. ausgehen.