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Lyonel Feininger (1871 - 1956)

Lüneburg, 1924

Norddeutsche Backsteingotik

In diesem Detail verwendet er die typische rot-braune Farbe von Backsteinen, ohne die Mauerstruktur im Detail auszuarbeiten. Angedeutete gotische Bauelemente in Form von Rundbögen und Fensternischen ergänzen das Bild. Während Feiningers kurzen Aufenthalten in der Stadt Lüneburg im August 1921 und August 1922 schrieb er„Natur-Notizen“ – so bezeichnete er Studien der Lüneburger Stadtlandschaft, aus denen er später in den 1950er Jahren Gemälde, Druckgraphiken und Zeichnungen entwickelte. Besonders Bauwerke im Stil der norddeutschen Backsteingotik interessierten ihn.

Lyonel Feininger (1871 - 1956)

Lüneburg, 1924

Architektur und Kubismus

Hier wirken die Häuser und Fassaden kristallin, zum Teil transparent und geometrisch reduziert. Partiell überlappend, wobei im Hintergrund liegende Elemente durchscheinen, verdichten sie sich in einem in hellem Gelb gehaltenen Gebäude im Zentrum des Gemäldes. Dieses zieht durch die Leuchtkraft der Farben und den Hell-Dunkel-Kontrast zur dunkleren, umliegenden Landschaft den Blick des Betrachters in das Bild hinein.

Lyonel Feininger (1871 - 1956)

Lüneburg, 1924

Provinzielle Idylle und die Moderne

Die kleine, verwinkelte Straße zwischen den Häusern fügt das Stadtbild zusammen. Ausgangspunkt und Inspiration von Feiningers kubistischen Stadtlandschaften waren thüringische Dörfer und Kleinstädte in der Gegend um Weimar. Begeistert von ihrer Architektur – den Türmen, Kirchen, verwinkelten Straßen und Häusern – entdeckte der Künstler diese unberührte, provinzielle Idylle als Kontrast zur Moderne für sich. Die Suche nach neuen Eindrücken führte ihn nach Lüneburg. Die Kleinstadtarchitektur, die er dort vorfand, verwandelt er im Gemälde in immateriell erscheinende, transparente Flächen, die von Hell-Dunkel-Kontrasten bestimmt sind und sich deutlich von realistischer Darstellung unterscheiden.

Lyonel Feininger (1871 - 1956)

Lüneburg, 1924

Vorkämpfer

Der Bauhaus-Meister und gebürtige Amerikaner Lyonel Feininger (1871 New York – 1956 ebenda) arbeitete zunächst als Karikaturist und wendete sich erst mit 36 Jahren der Malerei zu. Er fand schnell zu einem markanten Stil, bestimmt von kubistisch-kristallin vereinfachten Formen. Vor allem die Prinzipien der Reduktion und Abstraktion von Bildmotiven spielen in seinen zahlreichen Architekturdarstellungen eine große Rolle. Mit anderen Künstlern wie etwa Robert Delaunay, Walter Gropius und Paul Klee gehörte er zur Avantgarde des frühen 20. Jahrhunderts.