Saar Ottodix Judenfriedhof Ausschnitt Minimum

Otto Dix (1891 - 1969)

Judenfriedhof in Randegg im Winter mit Hohenstoffeln, 1935

Aus der Stadt in die Provinz

Der kleine Ort Randegg am Bodensee. Hierhin zieht sich Otto Dix im Sommer ´33 aus Dresden zurück und begibt sich in die innere Emigration. Seit 1927 war er dort Professor an der Kunstakademie gewesen. Doch unmittelbar nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 war Dix einer der ersten Professoren die entlassen wurden. Zur Begründung hieß es, dass „sich unter seinen Bildern solche befinden, die das sittliche Gefühl des deutschen Volkes aufs Schwerste verletzen und andere, die geeignet sind, den Wehrwillen des deutschen Volkes zu beeinträchtigen.“ Rückblickend bemerkte Dix: „Landschaften habe ich in der Nazizeit massenhaft gemalt. Hier war ja weiter nichts. Also raus in die Landschaft und Bäume gezeichnet, paar Bäume – so Sachen. Ich bin verbannt worden in die Landschaft.“ Seine Gesellschaftskritik ist nun nicht mehr auf den ersten Blick in seinen Gemälden zu erkennen, bei genauerem Hinsehen aber doch.

Otto Dix (1891 - 1969)

Judenfriedhof in Randegg im Winter mit Hohenstoffeln, 1935

Politik und Landschaft

Die starke Eiche, die in einer erstarrten Landschaft ausharrt und allen äußeren Widerständen trotzt, kann als Sinnbild für den in die innere Emigration zurückgezogenen Künstler gelesen werden. Die Hegau-Landschaft bei Randegg liegt totenstarr unter einer festen Schneedecke. Nichts belebt die kalte Landschaft. (In dieser Zeit bezieht sich Dix häufig sowohl technisch, motivisch, als auch von der Komposition her auf Landschaftsdarstellungen von Albrecht Altdorfer und anderen Malern der „Donauschule“.) Die düstere Winterlandschaft mit den detailreich gemalten, alten Eichen mag die Betrachter auch an Bilder von Caspar David Friedrich erinnern. Im Gegensatz zu Friedrichs Gemälden sind die Landschaften von Dix nicht im Sinne der Romantik mit christlicher Symbolik aufgeladen. Dix bezieht sich auf politische Ereignisse.

Otto Dix (1891 - 1969)

Judenfriedhof in Randegg im Winter mit Hohenstoffeln, 1935

Vergessener Judenfriedhof

In der linken Bildhälfte liegt an einem Hügel, von den Dörfern abgeschieden, der Judenfriedhof. Kein Weg führt zu ihm, keine frischen Fußspuren sind im Schnee zu erkennen. Es scheint, als hätten ihn lange keine Besucher mehr aufgesucht. Vergessen und verlassen stehen die schrägen Grabsteine in der Winterlandschaft.

Otto Dix (1891 - 1969)

Judenfriedhof in Randegg im Winter mit Hohenstoffeln, 1935

Nürnberger Gesetze

Ein Blick auf die Signatur mit dem Datum „1935“ zeigt, dass dieses Bild im Jahr des Inkrafttretens der verheerenden Nürnberger Gesetze entstanden ist. Zwar gibt es bereits 1934 Vorzeichnungen zu diesem Gemälde, die Ausführung im Jahr 1935 legt jedoch einen Bezug zur sich dramatisch zuspitzenden Lage der jüdischen Bevölkerung nahe. Dix thematisiert hier damit die zunehmende Verfolgung von Juden in Deutschland.

Otto Dix (1891 - 1969)

Judenfriedhof in Randegg im Winter mit Hohenstoffeln, 1935

Dunkle Zeiten stehen bevor

Am 1.April 1933 wurde von den Nationalsozialisten zum Boykott jüdischer Geschäfte aufgerufen. Das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ wurde nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 7.April 1933 erlassen. Es erlaubte den neuen Machthabern im Deutschen Reich, jüdische und politisch unerwünschte Beamte aus dem Dienst zu entfernen. Diese Mechanismen staatlich legitimierter Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung lassen Otto Dix erahnen, was noch kommen wird. Die lebensfeindliche Landschaft wird von einer bedrohlich dichten Wolkendecke verhangen, die die bedrückende Stimmung noch verstärkt und eine verheerende Entwicklung der Verhältnisse ankündigt.


Otto Dix (1891 - 1969)

Judenfriedhof in Randegg im Winter mit Hohenstoffeln, 1935

Isolation

Otto Dix, bekannt für seine Kriegsdarstellungen und gesellschaftskritischen Stadtszenen, in denen Kriegsversehrte und Prostituierte die Straßen bevölkern, zeigt uns hier eine menschenleere Winterlandschaft. Im Jahr 1935 entstanden, handelt es sich bei diesem Bild um mehr als nur eine naturnachahmende Landschaftsmalerei.