Öl auf Leinwand
121 x 90,5 cm
© Städel Museum, Eigentum des Städelschen Museums-Vereins e.V. / Foto: Städel Museum
Zwei Frauen mit Waschbecken, Die Schwestern, 1913
Die jüngere Schwester
Lässig lehnt sich die Frau links im Bild zurück. Ihr kurzer Pagenschnitt ebenso wie ihr cooler Gesichtsausdruck sagen: „Ich bin selbstbewusst und modern.“ Bei der Frau im rosa Kleid handelt es sich um Gerda Schilling. Wie ihre Schwester Erna besucht sie regelmäßig Kirchners Atelier in Berlin. Gerda ist die Jüngere und hat zuerst eine Liaison mit dem Künstler.
Zwei Frauen mit Waschbecken, Die Schwestern, 1913
Die Lebensgefährtin
Erna Schilling ist Gerdas ältere Schwester. Als Kirchner Erna und Gerda kennenlernt, arbeiten beide in einem Nachtlokal als Tänzerinnen und gelegentlich auch als Prostituierte. Erna ist bis zu Kirchners Tod seine Lebensgefährtin.
Zwei Frauen mit Waschbecken, Die Schwestern, 1913
Großstädtisches Flair
Der rote Plüschsessel und die gescheckte Kissenrolle hinter Gerda zeigen, die beiden Frauen sitzen im Atelier des Künstlers. Das Mobiliar, die modische Kleidung und das auffällige Make-up der Schwestern sind typisch für das mondäne Berlin 1913! Die grellen Farben, die starken Kontraste und plakativen Figuren im Bild – Ausdrucksmittel des Expressionismus. Kirchner war schließlich einer der bedeutendsten Vertreter dieser Stilrichtung. Ein interessantes Detail am Rande: die bunte Kissenrolle taucht auch in anderen Atelierbildern des Malers auf.
Zwei Frauen mit Waschbecken, Die Schwestern, 1913
Ganz schön selbstbewusst
Verführen diese roten Lippen oder betonen sie Entschlossenheit? Die maskenhaft geschminkten Gesichter mit dem auffälligen Wimpernkranz sagen es deutlich: mit diesen jungen Damen ist nicht zu spaßen! Sie sind unabhängig und modern - emanzipierte Großstädterinnen. Das deutet Kirchner dezent durch die aufgestellten, weißen Kragen an. So tragen es auch die Kokotten in seinen berühmten Berliner Straßenszenen. Dennoch suchen sie sich ihre Liebhaber als Prostituierte nicht selbst aus.
Zwei Frauen mit Waschbecken, Die Schwestern, 1913
Pikanter Unterton
Wäscht Erna ihre Hände in Unschuld oder geht es hier um die Reinigung nach dem sexuellen Akt? Jedenfalls ist die Geste sehr zentral im Bildmittelpunkt platziert. Die phallische Form der Rückenlehne im Hintergrund könnte den Eindruck bestätigen. Jedoch kulturgeschichtlich betrachtet, feiert Kirchner mit seinen Figuren der Großstadt das Antibürgerliche. Er hegt Utopien einer alternativen Gesellschaft. Die Geste des Waschens erfährt also eine „pikante“ Umdeutung.