
Öl auf Leinwand
194 x 318,5 cm
© Städel Museum / Foto: Städel Museum
Die Heiligen der Familie Crotta, ca. 1750
Barocke Imagepflege
Wir schreiben das Jahr 1750. Giovanni Battista Tiepolo, damals bereits einer der bedeutendsten Maler Venedigs, erhält von Giovanni Crotta einen lukrativen Auftrag. Mit einem Gemälde soll er das Ansehen der gesellschaftlich aufstrebenden Familie bei den vornehmen Patriziern verbessern. Tiepolo legt sich malerisch ins Zeug: die Familiengeschichte inszeniert er zum biblischen Drama, die Crottas macht er zu Heiligen. Große Gesten, prächtige Architektur und prunkvolle Gewänder. So lässt sich ein Image aufpolieren!
Die Heiligen der Familie Crotta, ca. 1750
Wundersame Bekehrung
Der blonde Bart scheint zu zittern, die Brust unter dem Umhang aus Hermelin bebt. Entsetzt schreckt Lupo Crotta auf seinem prächtigen Thron zurück und wendet sich gen Himmel. Ist die Geste Ausdruck der Gottesbekehrung? Aus dem Kopf des Enthaupteten sprießen Blumen! Als der heidnische Ahne dieses Wunder sieht, bekennt er sich zum Christentum. So beginnt die Familienlegende der Crottas.
Die Heiligen der Familie Crotta, ca. 1750
Lasst Blumen sprechen
Wie auf dem Silbertablett präsentiert Tochter Grata dem Vater das abgeschlagene Haupt. Hingebungsvoll theatralisch. Wer ist der so grausam Geköpfte? Der christliche Ritter Alexander weigert sich, die Statue des römischen Gottes Pluto anzubeten. Das büßt er mit seinem Leben. Doch statt Blut sprießen Blumen aus seinem Kopf. Ein Zeichen der Hoffnung – und der Versöhnung.
Die Heiligen der Familie Crotta, ca. 1750
Erleuchtet
Spot an – und volles Licht auf die Protagonistin! Tochter Grata bringt das Familiendrama in Gang. Tiepolo stellt sie ins Fadenkreuz. So kann der Betrachter die grausige Gabe nicht übersehen. Grata bekehrt den Vater zum Christentum. Das macht sie später zur Heiligen und Schutzpatronin Bergamos.
Die Heiligen der Familie Crotta, ca. 1750
Warnender Schulterblick
Gebannt blicken alle auf das Blumenwunder. Nur einer schaut den Betrachter an. So als wolle er ermahnen: „Glaubt an Gott!“ Der Mann rechts im Bild und der neben Grata stehende Edle sind vermutlich ihre Cousins: Fermus und Rusticus. Als Märtyrer werden die beiden später ebenfalls heiliggesprochen. Bei der Bekehrung Lupos sind sie eigentlich nicht dabei. Aber wer hält sich schon mit historischen Details auf? Es geht schließlich um die Familienehre!
Die Heiligen der Familie Crotta, ca. 1750
Ein Tor zum Himmel
Hellblau leuchtet der Himmel draußen, Schäfchen-Wolken ziehen vorbei. Das Tor führt in Gottes heiliges Reich, das irdische Drama findet Erlösung. So wie er die Architektur im Kontrast zur Natur sieht, stellt Tiepolo dem Leben auf Erden das Himmlische gegenüber. Typisch für den Barock.