Stg Jergratgeb Herrenbergeraltar Ohnerahmen Minimum

Jerg Ratgeb (um 1480 - 1526)

Die Geißelung und Verspottung Christi, 1519

Verräterisches Kartenspiel

Vor fünfhundert Jahren sehr beliebt: das Kartenspiel „Karnöffel“. Es stellt die gesellschaftliche Ordnung auf den Kopf. Denn die höchste Karte zeigt einen Landsknecht und ist wertvoller als die Karten mit Kaiser oder Papst. Man kann das prominent platzierte Kartenspiel als Auflehnung gegen die bestehende Ordnung verstehen. Allerdings sind nur die einfachen Karten mit Herz, Blatt und Schelle abgebildet und eben keine Herrscher oder Landsknechte. Zufall oder Vorsicht?

Jerg Ratgeb (um 1480 - 1526)

Die Geißelung und Verspottung Christi, 1519

Wehende Herrschaftskritik

Die Fahne mit dem Doppeladler auf goldenem Grund ist das Reichsbanner des Heiligen Römischen Reiches und Symbol für die Rechtsprechung. Dass Ratgeb hier die kaiserliche Fahne malt, kann als Kritik verstanden werden: wie einst Pilatus falsch urteilt, so ist auch die bestehende kaiserliche Rechtsprechung nicht frei von Irrtümern. Denn sie untersagt die Ehe zwischen einem freien Bürger und einer Leibeigenen, Ratgebs Frau. Mehrmals versucht er sie freizukaufen, um den gemeinsamen Kindern die Leibeigenschaft zu ersparen. Ohne Erfolg.

Jerg Ratgeb (um 1480 - 1526)

Die Geißelung und Verspottung Christi, 1519

Klein, aber oho!

Deutlich ist der winzige Vogel mit dem aufgestellten Schwanz als Zaunkönig zu erkennen. Der Zaunkönig gilt als listiger und kluger Vogel. In einer Fabel des griechischen Dichters Äsop soll der Vogel, der am höchsten fliegen kann, König aller Vögel werden. Der Zaunkönig versteckt sich im Gefieder des Adlers, lässt sich von diesem in die Höhe tragen und flattert dann über dessen Kopf als Sieger des Wettbewerbs. Hier steht der Zaunkönig für den Triumph Christi, der durch seine Auferstehung den Tod besiegt.