
Öl auf Leinwand
41 x 33 cm
© Staatsgalerie Stuttgart / Foto: Staatsgalerie Stuttgart
Die Mutter des Künstlers, um 1893
Ein junges Mädchen
Aline, die Mutter Gauguins, gilt als sanftmütig und schüchtern. Gauguin nimmt ein Porträt aus Familienbesitz als Vorlage. Es zeigt eine hellhäutige junge Französin, der die peruanische Herkunft ihrer Mutter nicht anzusehen ist. Ihr Sohn malt sie als exotische Schönheit mit vollen Lippen, kalligraphisch geschwungenen Brauen und bläulich verschatteten Augen.
Die Mutter des Künstlers, um 1893
Tahiti
Auf dem historischen Porträt trägt die fünfzehnjährige Aline einen breiten Spitzenkragen, wie er um 1840 Mode ist. Gauguin malt ihr ein weißes Tuch mit einem knotenförmigen Anhänger um den Hals, der an Schmuck von polynesischen Eingeborenen erinnert. Die Mutter wird so zu einer Verwandten der Frauen stilisiert, die Gauguin auf Tahiti trifft.
Die Mutter des Künstlers, um 1893
Frisur und Kopfschmuck einer Eingeborenen
Nach zwei Jahren kehrt Gauguin im August 1893 von seiner ersten Tahiti-Reise nach Frankreich zurück. Im Gepäck hat er Gemälde, die er in Paris verkaufen möchte. Die Farbwelt Tahitis klingt im Porträt der Mutter nach. Die lockigen und fülligen Haare ähneln denen der Polynesierinnen auf Gauguins Gemälden. Die bunte Blume als Haarschmuck erinnert an japanische Farbholzschnitte und ist ebenfalls ein exotisches Zitat.
Die Mutter des Künstlers, um 1893
Eine Heilige vor Goldgrund
Trotz seiner relativ kleinen Größe hat das Bildnis der Mutter eine starke Raumwirkung. Denn Gauguin wählt ein sattes Chromgelb als Hintergrund. Die Wirkung ähnelt jener von Goldgründen auf den Bildnissen mittelalterlicher Heiligenfiguren. Vor diesem transzendenten Nicht-Raum wirkt die Figur geheimnisvoll und unwirklich, wie eine Erscheinung.
Die Mutter des Künstlers, um 1893
Blaue Schatten
Dass Schatten nicht nur schwarz sein kann, sondern eine eigene Farbigkeit besitzt, ist eine wesentliche Errungenschaft des französischen Impressionismus. An diese knüpft Gauguin auch bei der Darstellung schattiger Partien in Gesicht und Haaren seiner Mutter an. Allerdings sind seine Schatten nicht das Produkt wissenschaftlicher Empirie und genauer Analyse. Er wählt bewusst unnatürliche Farben und unterstreicht so den exotischen Eindruck.