Spsg Peterpaulrubens Heiligerhieronymus Ohne Rahmen Minimum

Peter Paul Rubens (1577 – 1640)

Heiliger Hieronymus, um 1610

Der Gelehrte

Hieronymus wird zusammen mit Ambrosius, Augustinus und Gregor als einer der vier so genannten „Großen Kirchenväter“ der Spätantike in verschiedenen christlichen Konfessionen als Heiliger verehrt. Allen Kirchenvätern ist gemein, dass sie Bedeutendes zur Lehre und zum Selbstverständnis des frühen Christentums beigetragen haben. Im Falle von Hieronymus war es die Übersetzung der Bibel aus dem Griechischen ins Lateinische – die so genannte „Vulgata“, die somit als sein wichtigstes Werk gilt. Hieronymus wird daher meist als Gelehrter in einer Studierstube, wie hier im Gemälde, oder als Eremit in einer Landschaft dargestellt.

Peter Paul Rubens (1577 – 1640)

Heiliger Hieronymus, um 1610

Geistig-kraftvoll

Rubens zeigt den Heiligen Hieronymus, wie er intensiv in seiner Stube an der Bibelübersetzung arbeitet. Das Buch liegt aufgeklappt halb auf seinem Schoß, halb auf dem Tisch. Seine Stirn ist gerunzelt. Die aufgestützte Hand und der ernsthafte Blick in die Ferne lassen den anstrengenden Denkprozess erfahrbar werden. Im Gegensatz zum oft ausgezehrten Eremiten, wählte Rubens hier einen kräftigen, muskulösen Hieronymus-Typus, um ihn als kämpferischen Gelehrten des Christentums zu charakterisieren. Untersuchungen am Gemälde haben ergeben, dass er den Körper zunächst sogar noch etwas schmaler malte, sich dann aber wohl doch für eine sehr maskuline Darstellung entschied – offenbar noch stark unter dem Eindruck seines Italienaufenthaltes 1600-1608, bei dem er zahlreiche antike und neuzeitliche Skulpturen sowie vor allem die Malerei Michelangelos studierte.

Peter Paul Rubens (1577 – 1640)

Heiliger Hieronymus, um 1610

Werkzeuge des Denkers

Hieronymus ist eindeutig als Herr der Schriften zu erkennen. Darauf verweisen die zahlreichen Bücher, die Rubens stillebenartig auf dem Tisch und am oberen linken Bildrand – hier sogar als waghalsigen Bücherturm gestapelt – arrangiert. Die Sanduhr als traditionelles Symbol der Vergänglichkeit, auch Vanitas genannt, unterstreicht die Ernsthaftigkeit der Darstellung. Der rote Kardinalshut, der von Hieronymus ganz ungeniert als Aufbewahrung für seine Schreibutensilien genutzt wird, gibt einen Hinweis auf die Berufung des Kirchenvaters, obwohl er nach heutigen Kriterien wohl „nur“ Sekretär und kein Kardinal gewesen wäre.

Peter Paul Rubens (1577 – 1640)

Heiliger Hieronymus, um 1610

Ein Löwe als Haustier

Der blond gelockte Putto neckt einen Löwen, der sich zu Füßen der Stufen gelegt hat. Warum hat der Knabe keine Furcht, dem gefährlichen Raubtier seinen Fuß ans Maul zu halten? Der Legende nach kam eines Abends ein Löwe hinkend in den Garten des Klosters, in dem sich der Heilige Hieronymus mit seinen Mitbrüdern aufhielt. Alle erschraken, doch Hieronymus nahm den Löwen zu sich, sah den Dorn, der ihm in der Tatze schmerzte, und zog ihn furchtlos heraus. Daraufhin blieb der Löwe im Kloster und war seitdem zahm wie ein Haustier. In vielen Darstellungen des Heiligen Hieronymus befindet sich daher ein Löwe, meist dösend, zu seinen Füßen.