Öl auf Leinwand
36,2 x 44,6 cm
© Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Neue Pinakothek München / Foto: Sibylle Forster
Der arme Poet, 1839
Der Poet in den Federn
Der Dichter liegt im geflickten Hausmantel auf einer Matratze. Auf seinen angewinkelten Knien liegt ein Manuskript. Seine Feder hat er zwischen die Lippen geklemmt. Die Haltung der rechten Hand lässt vermuten, dass er ein Versmaß skandiert.
Der arme Poet, 1839
Antike Dichtungstradition
An der Wand ist die metrische Darstellung eines antiken Hexameters aufgezeichnet. Es ist das Versmaß der Epen Homers, das seit Klopstocks Versepos „Messias“ auch in der deutschen epischen Dichtung häufig verwendet wurde und als Inbegriff für klassische Bildung steht.
Der arme Poet, 1839
Die Vorbilder griffbereit
Neben der Matratze stehen dicke Folianten. Ein Titel verweist auf die „Treppe zum Parnass“, den Sitz der Musen im griechischen Mythos. Dahinter verbirgt sich ein Wörterbuch, ein Thesaurus der lateinischen Sprache mit Phrasen aus den Werken der klassischen Dichter. Der Poet schafft sein Werk also nicht aus sich heraus, sondern folgt dem Vorbild anderer.
Der arme Poet, 1839
Manuskripte als Heizmaterial
Der Dichter hat mit seiner Arbeit keinen Erfolg, seine Werke werden nicht gedruckt. Vor dem Ofen liegt ein Bündel von Manuskripten, eines mit der Aufschrift „Operum meor. Fasc. III“ („Meiner Werke dritter Band“). Es ist der dritte Band seiner Werke, der bereit liegt, um in den Ofen geschoben zu werden, denn anderes Heizmaterial hat der Dichter nicht.
Der arme Poet, 1839
Vom Apotheker zum Künstler
Der „Arme Poet“ ist ein frühes Werk Spitzwegs. Er hat es in der rechten unteren Ecke signiert und – für Spitzweg ungewöhnlich – auch das Entstehungsjahr 1839 vermerkt. Damals war er 31 Jahre alt und hatte nach einer humanistischen Schulbildung und einer Ausbildung zum Apotheker die Künstlerlaufbahn eingeschlagen. Carl Spitzweg war mit seinen humorvollen, scharf beobachteten Genrebildern sehr erfolgreich – sein populärstes Werk entstand in einer Zeit, als sich auch in Deutschland die Produktionsbedingungen von Kunst grundlegend änderten.
Der arme Poet, 1839
Variation eines Motivs
Spitzweg hat, wie in anderen Fällen auch, mehrere Fassungen dieses Bildes gemalt. Eine in Öl auf Papier gemalte Skizze, mit der er die Komposition vorbereitet hat, befindet sich in Privatbesitz. Sie wurde 2012 auf einer New Yorker Auktion für mehr als eine halbe Million Dollar versteigert.
Der arme Poet, 1839
Anspruch und Wirklichkeit
Der „Arme Poet“ ist ein ironischer Kommentar auf ein Künstlertum, das jeden Bezug zur Wirklichkeit verloren hat. Spitzwegs Frühwerk zählt bis heute zu den bekanntesten und beliebtesten Gemälden des deutschen Biedermeier.