
Öl auf Leinwand
91,6 x 122,0 cm
© Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Neue Pinakothek München / Foto: Sibylle Forster
Die Heilige Familie aus dem Hause Canigani, um 1505/1506
Christus trifft Johannes
Von einer Begegnung der Knaben Christus und Johannes dem Täufer ist in der Bibel nicht die Rede. Die zahlreichen Darstellungen dieses Zusammentreffens gehen auf Lebensberichte des Johannes zurück, der in Florenz als Stadtpatron verehrt wird. Das Jesuskind ergreift das Schriftband mit der Prophezeiung des Johannes: „Siehe, das ist Gottes Lamm“.
Die Heilige Familie aus dem Hause Canigani, um 1505/1506
Joseph im Zentrum
Der im Bildzentrum stehende heilige Joseph schließt die harmonische Figurenkomposition in ihrem pyramidalen Aufbau zusammen. Durch sein Zwiegespräch mit der heiligen Elisabeth ist er prominent in die komplexe emotionale Verflechtung der Protagonisten eingebunden. Offenbar ließ Raffael sich hinsichtlich dieser Bildkomposition von Gemälden Leonardos und Michelangelos inspirieren. Insbesondere die Ähnlichkeit zu Michelangelos Darstellung der Heiligen Familie im „Tondo Doni“ ist offensichtlich.
Die Heilige Familie aus dem Hause Canigani, um 1505/1506
Stadt, Land, Bild
Die italienischen Meister der Renaissance präsentieren die Heiligen ihrer Andachtsbilder vor weiten Landschaften mit Stadtansichten. Damit folgen sie dem Vorbild der altniederländischen Malerei, die vor allem in Florenz viel Beachtung findet. So zitiert auch Raffael die Architektur nördlich der Alpen, was nebenbei den Zweck erfüllt, das dargestellte Geschehen in der Fremde zu verorten.
Die Heilige Familie aus dem Hause Canigani, um 1505/1506
Entdeckung der Engel
Durch eine 1983 abgeschlossene Restaurierung konnten die beiden Engelgruppen am oberen Bildrand wieder freigelegt werden. Sie waren im 18. Jahrhundert vollständig übermalt worden, als sich das Gemälde in der Sammlung des Düsseldorfer Kurfürsten Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg befand.
Die Heilige Familie aus dem Hause Canigani, um 1505/1506
Von Urbino über Florenz nach Rom
Raffael signiert sein in Florenz
geschaffenes Gemälde am
Halsausschnitt des Gewandes der Gottesmutter. Mit dem Hinweis „RAPHAEL .
VRBINAS“ dokumentiert der aus Urbino in den Marken stammende Schüler des
umbrischen Meisters Perugino selbstbewusst, dass er kein Florentiner Maler ist.
Nur vier Jahre, von 1504 bis 1508, wirkt er in der toskanischen Kunstmetropole,
bevor er seine große Karriere in Rom fortsetzt. Der Florentiner Kaufmann Domenico Canigiani
bestellt das Gemälde vermutlich anlässlich seiner Hochzeit. Später befindet es sich im
Besitz der Familie Medici.
Die Heilige Familie aus dem Hause Canigani, um 1505/1506
Ein Andachtsbild als Hochzeitsgeschenk
Mit diesem großformatigen Andachtsbild nimmt der junge Raffael in Florenz zu Beginn des 16. Jahrhunderts den Wettstreit mit Leonardo und Michelangelo auf.