Mischtechnik auf Pappelholz
81,8 x 54 x max. 1 cm
© Städel Museum / Foto: Ursula Edelmann
Weibliches Idealbildnis, ca. 1480
Botticellis Lieblings-Modell
Betörend schön und doch unnahbar. Für Sandro Botticelli und für andere Künstler der Renaissance verkörpert Simonetta Vespucci das weibliche Ideal. Ihre zarte Schönheit macht sie zu einem der Lieblingsmodelle des Florentiner Malers. Hier stellt er sie nymphenhaft dar – unnahbar wie ein halbgöttliches Wesen. Ihre fein gemalten Wimpern und ihr nach vorn gedrehter Körper verraten jedoch: Simonetta ist durchaus ein Mensch aus Fleisch und Blut. Ob dieses Hauptwerk der frühen Renaissance tatsächlich Simonetta zeigt, ist lange umstritten.
Weibliches Idealbildnis, ca. 1480
Sie hat die Haare schön!
Perlen, Bänder, Federn und feines Geflecht – selbst für florentinische Verhältnisse ist die Frisur Simonettas extrem raffiniert. Trägt sie ein künstliches Haarteil? Die damals hochmoderne Pracht erinnert an ein Wespennest: eine Anspielung auf den Namen Vespucci. Botticelli unterstreicht damit, dass Simonetta eine Trendsetterin ihrer Zeit ist. So perfekt gestylt wie auf dem Bild hat sie vermutlich nie ausgesehen. Hier hat der Maler ein wenig getrickst. So, wie es meistens bei Schönheits-Idealen ist.
Weibliches Idealbildnis, ca. 1480
Unnahbarer Männertraum
Eine Frau, schön wie ein Bild! Sanft ist ihr Blick, die Haut schimmert rosig-zart, Perlen umsäumen ihr Dekolleté. Doch ein sittsam geschlossenes Mieder schützt die Rundungen der Kindfrau vor lüsternen Blicken wie ein Panzer. Auch der Harnisch, der unter den Gewändern zu erkennen ist, ist interessant. Er erinnert an Minerva und unterstreicht die Emblematik, die sinnbildliche Funktion, des Portraits.
Weibliches Idealbildnis, ca. 1480
Abgehoben: wie eine antike Skulptur
Licht erhellt Simonettas Antlitz. Es beleuchtet jedes Detail. Der Hintergrund des Bildes ist jedoch rabenschwarz und leer. Warum? Geschickt lenkt Botticelli hier die volle Aufmerksamkeit des Betrachters auf sein Idealbild einer Frau. Er macht das Porträt zum göttlichen Sinnbild. Ihr Profil erinnert an eine antike Medaille. Der schwarz-grundige Halsschmuck Simonettas spielt darauf an.
Weibliches Idealbildnis, ca. 1480
Macht, Mythos und früher Tod
Bereits als 16-jährige vermählt, wird Simonetta Vespucci zur Muse vieler Künstler. Auch die Mächtigen verehren sie. Giuliano di Medici, Bruder des Stadtoberhaupts Lorenzo, ernennt sie zur „Regina de la Bellezza“, zu seiner Schönheitskönigin. Zum Mythos wird ihre platonische Liebe durch den tragischen Tod der beiden: Simonetta stirbt mit 23 Jahren, Giuliano wird zwei Jahre später ermordet. Lorenzo nutzt die Beliebtheit der beiden für Propaganda. Er macht sie zu Kultfiguren seiner Regentschaft.